Rente oder Kapitalbezug aus der Pensionskasse: die acht wichtigsten Punkte zu Steuern, Inflation und Hypotheken Das Pensionskassengeld als lebenslange Rente beziehen oder es sich als Kapital auszahlen lassen – dies ist der vielleicht wichtigste Entscheid bei der Pensionierung. Auch ein Mix aus beiden Varianten ist möglich. Für wen sich was eignet.

Das Pensionskassengeld als lebenslange Rente beziehen oder es sich als Kapital auszahlen lassen – dies ist der vielleicht wichtigste Entscheid bei der Pensionierung. Auch ein Mix aus beiden Varianten ist möglich. Für wen sich was eignet.

 

Beim Entscheid Rente oder Kapital ist die Höhe der Lebenshaltungskosten im Alter zu berücksichtigen. (Bild: unsplash.com)

Die Pensionskasse ist für viele Schweizerinnen und Schweizer der grösste Vermögenswert. Mit dem Eintritt in den Ruhestand müssen sie entscheiden, ob sie von diesem Geld eine lebenslange Pensionskassenrente beziehen oder ob sie sich dieses als Kapital auszahlen lassen. Auch ein Mix aus beiden Varianten ist möglich.

Rechtlich kann sich jeder Versicherte mindestens 25 Prozent des BVG-Altersguthabens beim Renteneintritt als Kapital auszahlen lassen. «Die meisten Pensionskassen sind da aber flexibel, zwischen 0 und 100 Prozent Kapital ist oftmals alles möglich», sagt Willi Thurnherr von Aon Schweiz.

Die Entscheidung Rente oder Kapital sollte derweil wohlüberlegt sein, denn sie lässt sich im Allgemeinen nicht mehr rückgängig machen. Eine Pauschallösung für alle Versicherten gibt es nicht. Vielmehr haben die Optionen Vor- und Nachteile, welche die Versicherten individuell mit Blick auf ihre eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen vom Ruhestand gewichten sollten. Wie sollten sie dabei vorgehen, und was ist bei dem wichtigen Entscheid zu beachten? Anbei folgen die acht wichtigsten Punkte.

1.  Ein Budget für das Alter machen

Eine wichtige Grundlage dabei ist, ein Budget für die Ausgaben im Alter zu machen. Aus Sicht von Veronica Weisser und Jackie Bauer, Vorsorgeexpertinnen bei der UBS, ist dies umso wichtiger, als das Renteneinkommen in den meisten Fällen geringer ausfallen dürfte als das Erwerbseinkommen. Laut den beiden Ökonominnen sollten die minimalen Kosten – vor allem Wohnkosten, Ernährung, Krankenkasse und Steuern – nach der Pensionierung über die AHV- und die BVG-Rente gedeckt werden. Der Rest des Pensionskassengelds könne als Kapital bezogen werden.

Zudem sollte man die Ausgaben im Rentenalter nicht unterschätzen. Sie dürften durchschnittlich 80 bis 95 Prozent der Ausgaben während des Erwerbslebens betragen, schätzen Weisser und Bauer. Angesichts der durchschnittlichen – und weiter steigenden – Restlebenserwartung für Neurentner von knapp 25 Jahren sei es sinnvoll, lieber für ein paar Jahre zu viel als zu wenig zu budgetieren.

2.  Inflation einberechnen

Bei der Kalkulation der Lebenshaltungskosten im Alter sollte man die Teuerung nicht vergessen. Schliesslich geht es darum, die Kosten in der Zukunft zu berechnen. In der Schweiz war die Inflation in den vergangenen Jahren gering. Im Vergleich mit der Euro-Zone oder den USA ist dies weiterhin der Fall – allerdings ist sie im März dieses Jahres auch hierzulande auf 2,4 Prozent gestiegen. Weisser und Bauer weisen zudem darauf hin, dass die Ausgaben im Ruhestand auch durch die Gesundheitskosten steigen dürften. Es sei zu erwarten, dass diese schneller zulegten als die durchschnittliche Teuerung.

3.  Gesunkene Umwandlungssätze in Relation setzen

Bei der Planung ist zu empfehlen, den Pensionskassenausweis zu studieren. Dabei wird offensichtlich, dass die Umwandlungssätze bei vielen Vorsorgewerken in den vergangenen Jahren deutlich gesunken sind, was mit den niedrigen Zinsen sowie der gestiegenen Lebenserwartung zusammenhängt. Beim Renteneintritt wird mittels des Umwandlungssatzes die Höhe der jährlichen Rente berechnet, er wird mit dem in der Pensionskasse angesparten Vermögen multipliziert. Bei einem Umwandlungssatz von 4,5 Prozent erhält man beispielsweise bei einem Alterssparkapital von 500 000 Franken eine Rente von 22 500 Franken jährlich.

Auf den ersten Blick sähen die Umwandlungssätze vieler Kassen niedrig aus, sagt Thurnherr. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Umwandlungssätze von Einzelversicherungen beziehungsweise Leibrenten noch deutlich niedriger seien, sie bewegten sich teilweise in der Region von 3 Prozent. «Angesichts der demografischen Entwicklung ist ein Umwandlungssatz von 4,5 oder 5 Prozent immer noch relativ attraktiv», sagt er.

4.  Vor- und Nachteile der Rente abwägen

Mit der Variante Rente können Versicherte bis an ihr Lebensende kalkulieren – wobei allerdings, wie bereits erwähnt, die Entwicklung der Inflation einzurechnen ist. «Eine Anpassung der Rente an die Teuerung ist abhängig vom Reglement der Pensionskasse und von deren finanziellen Möglichkeiten», sagt Tashi Gumbatshang, Vorsorgespezialist bei der Bankengruppe Raiffeisen. Ein Vorteil der Option Rente sei indessen, dass man sich dabei weder um die Liquiditätsplanung noch um Anlagefragen kümmern müsse.

Zudem solle man berücksichtigen, dass die Pensionskasse im Todesfall auch eine Rente an den Ehe- und zumeist auch an den Konkubinatspartner zahle, wenn dies entsprechend angemeldet sei, sagt Thurnherr. Des Weiteren gibt es auch eine Pensionierten-Kinderrente, die 20 Prozent der Altersrente beträgt. Hingegen muss man die Rente zu 100 Prozent als Einkommen versteuern.

5.  Vor- und Nachteile des Kapitalbezugs berücksichtigen

In der Praxis sei zu beobachten, dass viele Versicherte aufgrund der gesunkenen Umwandlungssätze öfter das Pensionskassenkapital beziehen oder sich zumindest für einen Mix aus Rente und Kapital entscheiden, sagt Gumbatshang. Vorteile des Kapitalbezugs seien die grössere Flexibilität und die Chance, mit eigenen Geldanlagen das Vermögen zu erhalten beziehungsweise sogar zu vergrössern. Ausserdem kann so den Hinterbliebenen das nicht aufgebrauchte Kapital vererbt werden.

Beim Entscheid zwischen Rente und Kapital kann auch die gesundheitliche Situation eine Rolle spielen. «Falls es jemandem bei der Pensionierung bereits gesundheitlich schlechtgeht und die Lebenserwartung begrenzt zu sein scheint, kann dies für den Bezug von Kapital aus der Pensionskasse sprechen», sagt Thurnherr. Allerdings ist dies sehr gut abzuwägen.

Der oder die Versicherte hat allerdings beim vollständigen Kapitalbezug keine Garantie einer lebenslangen Rente mehr. Er oder sie muss das Kapital selbst verwalten – dies ist eine Chance, aber auch ein Risiko. Beim Entscheid Rente oder Kapital spielt also auch die Frage eine Rolle, wie gut man sich mit dem Thema Finanzen auskennt oder ob man sich gut von seiner Vermögensverwaltung beraten fühlt.

Auch beim Kapitalbezug fielen Steuern an, und zwar einmalig zu einem Satz, der vom jeweiligen Wohnort, vom Betrag und vom Zivilstand abhängig sei, teilt Raiffeisen mit. Diese Kapitalauszahlungssteuer liege in der Regel zwischen 5 und 15 Prozent des ausbezahlten Kapitals. Da durch die Kapitalauszahlung das Vermögen steigt, fällt zudem die Vermögenssteuer höher aus.

6.  Das Eigeninteresse von Beratern berücksichtigen

Laurent Schläfli, Chef der Sammelstiftung Profond, weist derweil darauf hin, dass sich viele Finanzinstitute bei der Beratung von Kundinnen und Kunden in einem Interessenkonflikt befänden. Wird das Geld als Kapital ausgezahlt, besteht eine gute Chance, dass sie dieses dann verwalten und entsprechende Gebühren einnehmen können. «Folglich haben gewisse Berater keinen Anreiz, ihren Kunden zu empfehlen, einen möglichst grossen Teil des Pensionskassenvermögens als Rente zu beziehen – auch wenn das für diese sinnvoll wäre», sagt er.

7.  Das Thema Steuern im Auge behalten

Beim Entscheid Rente oder Kapital sind auch unbedingt die steuerlichen Folgen zu berücksichtigen. Laut Weisser und Bauer ist davon auszugehen, dass man in der Regel insgesamt weniger Steuern zahlt, wenn man das gesamte Kapital aus der Pensionskasse auf einmal bezieht, als wenn die jährlichen Steuern auf das Renteneinkommen aufsummiert werden. Allerdings sei zu beachten, dass der Kapitalbezug die Vermögenssteuer erhöhe, auch wenn diese oftmals weniger ins Gewicht falle.

Die UBS-Vorsorgeexpertinnen weisen derweil darauf hin, dass ein gestaffelter Bezug des Pensionskassenkapitals steueroptimiert sei, beispielsweise im Rahmen einer schrittweisen Pensumsreduktion. «Teilpensionierungen bieten interessante Möglichkeiten, Steuern zu sparen», sagt auch Gumbatshang. Allerdings sollten sich Versicherte nicht nur von den Steuern leiten lassen. Die Pensionsplanung umfasse schliesslich nicht nur finanzielle Aspekte, sondern sei letztlich eine Lebensplanung.

8.  Tragbarkeit der Hypothek im Alter prüfen

«Ein Thema, das in der Praxis zu wenig Aufmerksamkeit bekommt, ist die Frage der Tragbarkeit der Hypothek im Rentenalter», sagt Weisser. Viele Bürgerinnen und Bürger glaubten, dass sie nicht so viel amortisieren müssten, weil die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren gestiegen seien und der Verschuldungsgrad relativ zum Marktwert klein sei.

«Erstaunlich oft zeigt sich – besonders wenn Kapital aus der Pensionskasse bezogen wird und somit das regelmässige Einkommen tief liegt –, dass die Tragbarkeitskriterien nicht erfüllt sind», sagt sie weiter. Dies sei bei der Entscheidung Rente oder Kapital zu prüfen. Entweder müsse das Kapital zur Amortisation zumindest teilweise verwendet werden, oder es müsse doch mehr Rente bezogen werden, damit die Tragbarkeit gegeben sei.

Auch Gumbatshang rät dazu, die Tragbarkeit der Hypothek im Alter unbedingt in die Pensionsplanung einzubeziehen. Bei manchen Kundinnen und Kunden gebe es hier Tabus. Manche von ihnen hätten beispielsweise sehr viel Geld in ihrer Immobilie gebunden und scheuten sich davor, im Alter noch Schulden zu haben. Viele wollten ihren Kindern auch keine Aktien hinterlassen, auch dies sei aus finanzplanerischer Sicht oft nicht rational.

Michael Ferber, «Neue Zürcher Zeitung»

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