Wirksamkeit von Trainings für Diversity & Inclusion kritisch hinterfragen Viele Firmen wollen eine bessere personelle Durchmischung. Mit der App «the Ace of Business» sammelte der Verein ADVANCE Ideen zur Umsetzung. Esther-Mirjam de Boer von GetDiversity nimmt für KMU_today die Vorschläge unter die Lupe.

Viele Firmen wollen eine bessere personelle Durchmischung. Mit der App «the Ace of Business» sammelte der Verein ADVANCE Ideen zur Umsetzung. Esther-Mirjam de Boer von GetDiversity nimmt für KMU_today die Vorschläge unter die Lupe.

Herausforderung: «gender bias» – wenn das Geschlecht zu Ungerechtigkeiten im Umgang führt.

Lösungsansatz: «unconscious bias trainings» für alle – sie werden für die Gleichbehandlung als Standard in jeder Firma eingeführt, wie andere Kurse gegen Geldwäsche oder zur Kundenorientierung zum Beispiel.

 

Die Einschätzung der Expertin

Esther-Mirjam de Boer ist CEO von GetDiversity. Ihre Antwort: Viele Firmen bieten bereits Schulungen an, die den Mitarbeitenden ihre Stereotypen gegenüber Frauen bewusst machen sollen. Sie tun dies in der Hoffnung, dass so Vorurteile abgebaut werden. Die Forschung hat leider festgestellt, dass solche «unconscious bias trainings» oft unwirksam sind und Vorurteile manchmal sogar verstärken. Also aufgepasst!

Die vorgeschlagene Lösung funktioniert oft nicht

Es ist ein verbreiteter Trugschluss, dass wir das Verhalten verändern, indem wir Dinge bewusst machen. Doch Menschen sind intuitive Wesen. Eine erwünschte Verhaltensänderung (hier im Beispiel weniger Vorurteile) entsteht unbewusst und schleichend. Wenn ein Training aber vermittelt, dass ein Verhalten falsch sei, dann kommt die Information über den Kopf rein – und der Bauch wehrt sich dagegen.

Die Alternative

Zum einen: Verhaltensveränderungen entstehen langsam, indem Gewohnheiten angepasst werden. Es braucht also immer wieder Impulse – etwa sogenannte Nudges – damit die Veränderung Schritt für Schritt verankert wird. Man muss es als Prozess sehen.

Zum anderen: Verhaltensänderung kann man nicht übers Sprechen allein erzielen. Man muss zum Handeln anregen und dazu bestätigende Rückmeldungen geben. In der Praxis heisst das zum Beispiel: Rollenspiele als Lenkungsimpulse und eine wertschätzende Feedbackkultur im Führungsalltag. Wichtig ist dabei, dass das Thema leicht und lustig angegangen wird, damit es Spass macht. Lachen hilft die Welt verändern – mehr als Schimpfen.

ADVANCE ist mit 135 Firmenmitgliedern die führende Organisation in der Schweiz, die sich aktiv für mehr Frauen im Management einsetzt.

Zur Expertin

Esther-Mirjam de Boer ist Unternehmerin, Verwaltungsrätin, Politikerin und CEO von GetDiversity in Zürich. Das Kredo ihrer Firma: Vielfalt bringt grössere unternehmerische Erfolge. Seit 2007 setzt sich GetDiversity systematisch für Durchmischung ein. Kernkompetenz ist dabei, Vakanzen in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen vermehrt mit qualifizierten Frauen zu besetzen. Die Firma erhebt jährlich den «Diversity Report Schweiz».

Bild: Remo Neuhaus

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