Lieber Büro als Baby – Arbeitsaufteilung wie vor 50 Jahren Kaum ein Zürcher Kantonsangestellter reduziert nach der Geburt eines Kindes sein Pensum. Ein Teil der frischgebackenen Väter arbeitet sogar mehr als vorher.
Kaum ein Zürcher Kantonsangestellter reduziert nach der Geburt eines Kindes sein Pensum. Ein Teil der frischgebackenen Väter arbeitet sogar mehr als vorher.

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau macht spätestens vor dem Kreisssaal halt: Wer biologisch ein Mann ist, kann keine Kinder gebären.
Bei einem anderen Punkt, der Verteilung von Berufstätigkeit und Kinderbetreuung, ist die Angleichung aber in vollem Gang. Dies gilt namentlich für den Elternurlaub. Seit 2021 haben auch die Väter einen gesetzlichen Anspruch auf eine bezahlte nachgeburtliche Absenz. Diese umfasst zwei Wochen und wird über die Erwerbsersatzordnung finanziert.
Noch viel weiter gehende Forderungen sind in Arbeit: Derzeit werden auf nationaler Ebene Unterschriften gesammelt für 18 Wochen Elternurlaub für beide Elternteile – im Kanton Zürich ist eine ähnliche Initiative vor drei Jahren allerdings krachend gescheitert. Fast zwei Drittel lehnten das Geschäft an der Urne ab.
Vaterschaftsurlaub kommt an
Die grosse Frage ist, ob mit dem Vaterschaftsurlaub tatsächlich einem Wunsch der Väter entsprochen wird. Denn als die neue nationale Regelung in Kraft trat, war die Bilanz durchzogen.
Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich berichtete ein Jahr nach der Einführung, dass es nicht überall gleich gern gesehen worden sei, wenn Jungväter freigenommen hätten. Ausserdem sei es gerade für kleine Betriebe schwierig gewesen, die zusätzliche Abwesenheit aufzufangen. Dies, obwohl der Vaterschaftsurlaub nicht am Stück genommen werden muss, sondern auch tageweise bezogen werden kann.
Kurz vor dem Vatertag liegt zum Vaterschaftsurlaub nun eine neue Auswertung vor. Diese betrachtet nicht die Gesamtwirtschaft, sondern nur die Zürcher Verwaltung. Dennoch sind die Antworten der Kantonsregierung auf eine Anfrage von SP und AL im Zürcher Kantonsparlament aufschlussreich.
Die Zahlen beziehen sich auf einen Zeitraum von vier Jahren, von Anfang 2021 bis Ende 2024. In dieser Zeit wurden 434 kantonale Angestellte Vater – knapp jeder zehnte von ihnen sogar zwei Mal. Total wurden 479 Geburten registriert, wobei Mehrlingsgeburten als ein einziges Ereignis zählen. Der Grossteil der Väter war um die Mitte dreissig bei der Geburt des Kindes.
Die Auswertung zeigt: Die allermeisten Väter haben von den freien Tagen uneingeschränkt Gebrauch gemacht. Nur bei 31 der 479 Geburten wurde der Vaterschaftsurlaub nicht vollständig bezogen. Ein einziger Vater bezog gar keinen Urlaubstag, 8 Väter nahmen jeweils acht Tage frei, der Rest lag dazwischen.
Warum in 31 Fällen nicht der ganze Anspruch geltend gemacht wurde und warum jemand nicht einmal einen einzigen Tag einzog, geht aus der Antwort des Regierungsrats nicht hervor. Zu berücksichtigen ist aber, dass es gewisse Verzögerungen geben kann. Der Vaterschaftsurlaub darf bis zu sechs Monate nach der Geburt bezogen werden, und die Zahlen gehen nur bis zum 31. Dezember 2024. Vielleicht ist jemand in den Weihnachtsferien 2024 Vater geworden und hat seine Tage dann erst im neuen Jahr bezogen.
Arbeitsaufteilung wie vor 50 Jahren
Während der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub nur sehr kurzfristig wirkt, verändert ein anderer Faktor die Betreuungssituation nachhaltig: eine Reduktion des Arbeitspensums. Auch zu diesem Punkt hat die Kantonsregierung eine Auswertung vorgenommen.
Von den 434 kantonalen Angestellten, die Vater wurden, arbeiteten knapp 90 Prozent vor der Niederkunft Vollzeit. Die Ankunft eines (weiteren) Kindes nahmen nur die wenigsten frischgebackenen Papas zum Anlass, an ihrer Stundenzahl etwas zu verändern. Nur gerade 29 Personen schraubten ihr Pensum zurück. 6 erhöhten ihre Stundenzahl sogar. Der grosse Rest arbeitete gleich weiter wie vor der Geburt.
Diese Zahlen decken sich mit nationalen Daten. Gemäss der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (2023) ist der Mann in den meisten Familien zu 100 Prozent berufstätig, während die Frau Teilzeit arbeitet – oder gar nicht erwerbstätig ist.
Die Kantonsregierung musste auch Auskunft darüber geben, in welchen Lohnklassen die Väter eingeteilt sind, welche ihr Pensum reduziert haben. Eine solche Aufstellung kann Hinweise darauf geben, ob sich nur Personen mit guten Gehältern eine Pensenreduktion erlauben können. Oder ob für Angestellte in Kaderpositionen aus beruflichen Gründen eine Reduktion nicht infrage kommt.
Ein eindeutiges Muster zeichnet sich aber nicht ab. Die Väter, die ihre Arbeit reduziert haben, sind recht gleichmässig auf die Lohnklassen verteilt, in der relativ tiefen Lohnklasse 14 und darunter finden sich sogar die meisten neuen Teilzeitler. Weil insgesamt nur 29 Väter ihr Pensum nach der Geburt eines Kindes heruntergefahren haben, ist die Aussagekraft der Daten allerdings beschränkt.