Rund 500 000 Gesellschaften sollen künftig ihre «wahren» Eigentümer in einem nationalen Register offenlegen Der Nationalrat hat am Donnerstag eine Verschärfung der Regeln zur Geldwäschereibekämpfung beschlossen. Selbst manche Befürworter bezweifeln aber den Nutzen.

Der Nationalrat hat am Donnerstag eine Verschärfung der Regeln zur Geldwäschereibekämpfung beschlossen. Selbst manche Befürworter bezweifeln aber den Nutzen.

Gemäss Bundesangaben hatten 2023 knapp 90 Länder und Territorien ein Transparenzregister, und weitere Länder seien in der Vorbereitung dazu. (Foto: Jeremy Kwok auf Unsplash)

Globale Standards sind für die Schweiz zum Teil ein Ärgernis. Sie sind demokratisch schlecht legitimiert, sie sind ein Produkt der internationalen Machtverhältnisse. Und die Grossen (vor allem die USA) können sich um die Standards foutieren, während kleinere Staaten wie die Schweiz bei Nichteinhaltung unter ausländischen Sanktionsdruck geraten. So ist das Leben.

Das galt in den letzten zwanzig Jahren etwa bei den Standards zu Steuertransparenz und Geldwäschereibekämpfung: Die Schweiz verschärfte oft ihre Gesetze, und dies weniger aus innerer Überzeugung als unter dem Druck der internationalen Standards. Auch die laufende Session des Parlaments liefert Anschauungsbeispiele – mit zwei Gesetzesprojekten für Verschärfungen der Regeln zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung.

Der Ständerat entscheidet diese Woche über eine Vorlage, welche die derzeit für Finanzdienstleister geltenden Sorgfalts- und Meldepflichten auf Anwälte, Notare, Treuhänder und andere Berater ausdehnen will. Dieses Projekt ist besonders umstritten und wurde deshalb vom Rest der geplanten Verschärfungen abgetrennt.

Mehr Durchblick mit Register?

Der Rest ist vergangenen Donnerstag in den Nationalrat gekommen. Das Kernstück dieses Gesetzesprojekts ist die Schaffung eines nationalen Transparenzregisters für juristische Personen. Gemäss dem Vorschlag des Bundesrats müssten künftig rund 500 000 Aktiengesellschaften, GmbH, Genossenschaften und Stiftungen sowie auch gewisse Vereine ihre «wahren» Eigentümer in das geplante Transparenzregister eintragen. Dies soll das Aufdecken von Geldwäscherei erleichtern; Geldflüsse werden oft durch verschachtelte Firmenstrukturen mit Strohmännern verschleiert.

Im Jargon des Gesetzesprojekts und der globalen Standards geht es um die Offenlegung des «wirtschaftlich Berechtigten». Gemäss dem Gesetzesvorschlag ist dies jener Mensch, der direkt oder indirekt mindestens 25 Prozent des Kapitals oder der Stimmen der betroffenen juristischen Person kontrolliert. Wenn niemand dieses Kriterium erfüllt, soll das oberste Mitglied des leitenden Organs (zum Beispiel der Verwaltungsratspräsident) als wirtschaftlich Berechtigter gelten.

Müssen statt wollen

Ob die geplante Regulierung für Hunderttausende von Unternehmen die Geldwäscherei eindämmen wird, bezweifeln im Parlament sogar einige Befürworter des Gesetzesprojekts. Trotzdem gibt es im Grundsatz in beiden Parlamentskammern eine Mehrheit für die Schaffung eines nationalen Transparenzregisters.

Der Nationalrat hat am Donnerstag mit 117 Ja gegen 63 Nein die Vorlage für ein Transparenzregister mit einigen Änderungen unterstützt. Die Tendenz: Die Linken wollten im Vergleich zum Bundesratsvorschlag noch weitergehen, die SVP lehnte das Gesetzesprojekt ab, und die übrigen bürgerlichen Parteien stimmten nach gewissen Abschwächungen zähneknirschend zu – nicht weil sie sich eine Eindämmung der Geldwäscherei versprechen, sondern weil sie es als nötig für die Einhaltung der globalen Standards erachten. «Wahrscheinlich niemand ist mit Feuer und Flamme für die Vorlage», sagte der Aargauer Grünliberale Beat Flach als Sprecher der vorberatenden Wirtschaftskommission. «Es ist etwas, das wir machen müssen, nicht machen wollen», betonte der Walliser Mitte-Nationalrat Philipp Bregy im Namen seiner Fraktion.

Im Nationalrat wäre ein Absturz des Gesetzesprojekts möglich gewesen – kraft einer unheiligen Allianz der Linken (welche die Vorlage als zu schwach bezeichnete) und der SVP (die gar keine Reform will). Es kam nicht dazu, weil die Abschwächung der Vorlage des Bundesrats durch die grosse Parlamentskammer die rote Linie der Linken nicht überschritt.

Der Ständerat hatte der Schaffung eines Transparenzregisters schon im vergangenen Dezember mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Auch im Ständerat hatten diverse bürgerliche Befürworter den Nutzen für die Geldwäschereibekämpfung stark bezweifelt. Der Zürcher SP-Ständerat und Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch hatte gar generell erklärt, dass die Regulierungen zur Geldwäschereibekämpfung die Geldwäscherei nicht eindämmten und per saldo wegen der Kosten und der Ausweichmanöver der Kriminellen schädlich seien. Aber angesichts des Drucks der globalen Standards bleibe der Schweiz nichts anderes übrig, «als jeden Unsinn mitzumachen, und das tun wir seit dreissig Jahren».

Länderexamen 2027

Nicht alle sehen es so düster. Aber das Unbehagen über die Globalstandards wurde in beiden Parlamentskammern deutlich. Im Gremium, das die globalen Standards setzt (Groupe d’Action financière – Gafi) sitzen rund 40 Länder, darunter auch die Schweiz. Das nächste Gafi-Länderexamen für die Schweiz ist für 2027 vorgesehen. Laut einer der Empfehlungen der Standards sollen die Länder sicherstellen, dass die zuständigen Behörden raschen Zugang zu korrekten und aktuellen Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten bei juristischen Personen haben. Gemäss Bundesangaben hatten 2023 knapp 90 Länder und Territorien ein Transparenzregister, und weitere Länder seien in der Vorbereitung dazu.

Ein solches Register dürfte nun auch in der Schweiz kommen. Das Bundesamt für Justiz soll dieses Register führen. Die konkrete Umsetzung lieferte indes Stoff für Kontroversen. Hier einige Kernpunkte:

  • Geltungsbereich: Der Bundesrat wollte auch gewisse Stiftungen und Vereine im Transparenzregister erfassen. Die Meldestelle für Geldwäscherei hat von 2020 bis 2024 Verdachtsmeldungen zu rund 260 Stiftungen und 160 Vereinen erhalten. Der Ständerat und der Nationalrat lehnen aber den Einbezug von Stiftungen und Vereinen in das neue Register ab. Zudem wollte der Bundesrat, dass treuhänderisch tätige Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder, die im eigenen Namen und auf fremde Rechnung handeln, Angaben über die Personen im Hintergrund machen müssen. Nationalrat und Ständerat lehnen dies ebenfalls ab. Einigkeit herrscht darin, dass börsenkotierte Firmen wegen schon erfüllter Transparenzvorgaben ausgenommen sind.
  • Zugang: Das Transparenzregister soll zwecks Datenschutz nicht öffentlich sein. Vorgesehen ist der Zugang für bestimmte Behörden – und in begrenzter Form auch für Finanzdienstleister, soweit ihnen dies zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten dient. Im Nationalrat wollten die Linken auch einen Zugang für Medien, für spezialisierte Nichtregierungsorganisationen und für inländische Steuerbehörden, doch die Mehrheit lehnte dies ab.
  • Wirkung: Der Ständerat wollte eine gesetzliche Vermutung über die Richtigkeit der Angaben im Transparenzregister – vor allem, damit sich die Finanzdienstleister auf diese Angaben verlassen könnten, was deren Sorgfaltspflichten reduziert. Laut Bundesangaben würde dies einen hohen Kontrollaufwand für den Staat und die betroffenen Unternehmen erfordern. Zudem würde es gemäss dem Bund die Qualität des Registers verschlechtern, weil es weniger Hinweise von Banken mit abweichenden Informationen gäbe. Der Nationalrat strich am Donnerstag die Richtigkeitsvermutung. Und er akzeptierte im Einklang mit dem Ständerat die vorgeschlagene Meldepflicht von Finanzdienstleistern betreffend abweichende Informationen.

Genügt Handelsregister nicht?

Die Kosten des Transparenzregisters für die meldepflichtigen Betriebe werden laut Bundesangaben in den meisten Fällen mit einfachen Verhältnissen gering sein. Gemäss einer ersten groben Abschätzung des Bundes könnten die Gesamtkosten für die Betriebe und die betroffenen Eigentümer bei der Einführung etwa 15 bis 25 Millionen Franken betragen – und danach jährlich für Aktualisierungen etwa ein Viertel der Einführungskosten. Hinzu kommen geschätzte Kosten für den Bund von rund 11 Millionen Franken für die Einführung und danach von knapp 7 Millionen pro Jahr.

Doch warum braucht es ein neues Transparenzregister, wenn es schon ein Handelsregister gibt, welches sogar öffentlich ist? Nebst juristischen Personen müssen sich ab 100 000 Franken Jahresumsatz auch Einzelunternehmen ins Handelsregister eintragen lassen. Zu den eintragungspflichtigen Angaben zählen gemäss der Handelsregisterverordnung unter anderem die Mitglieder des Verwaltungsrats und generell die zur Vertretung der Unternehmung berechtigten Personen. Kein Erfordernis des Handelsregisters ist aber die Angabe der «wahren» Eigentümer im Sinn der Regeln zur Geldwäschereibekämpfung.

Gemäss dem Gesetzesvorschlag können betroffene Betriebe die wirtschaftlich Berechtigten zuhanden des Transparenzregisters unter gewissen Bedingungen auch dem kantonalen Handelsregisteramt melden. Das soll den Aufwand für viele Klein- und Mittelbetriebe reduzieren.

Das Geschäft geht nun zur Bereinigung der Differenzen zwischen den beiden Parlamentskammern zurück in den Ständerat.

Hansueli Schöchli, «Neue Zürcher Zeitung» 

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