Ein Muss, keine Option Die Umweltschäden nehmen zu und erfordern entschlossenes Handeln. Noch gibt es keine Gesetze, die Firmen dazu zwingen, ein Kreislaufmodell zu entwickeln. Das könnte sich aber bald ändern.

Die Umweltschäden nehmen zu und erfordern entschlossenes Handeln. Noch gibt es keine Gesetze, die Firmen dazu zwingen, ein Kreislaufmodell zu entwickeln. Das könnte sich aber bald ändern.

 

Die Schweiz gilt als eines der innovativsten Länder und verfügt über hohe Recyclingraten. Bild: unsplash

 

Ausgraben, umwandeln, wegwerfen: so funktionierte das lineare Geschäftsmodell der «old Economy» bisher. Doch dieses hat seine Grenzen erreicht. Zu gross sind die planetaren Schäden mittlerweile geworden: Klima, zur Neige gehende Ressourcen, erschöpfte Böden, ein Biodiversitäts-Verlust bisher nicht bekannten Ausmasses und wachsende, rekordhohe Abfallberge. Zwar gilt die Schweiz als eines der innovativsten Länder und verfügt über hohe Recyclingraten. Doch die Bewohnerinnen und Bewohner produzieren mit 80 bis 90 Millionen Tonnen nach den USA und Dänemark auch weltweit den meisten Abfall.

 Länger nutzen, weniger verbrauchen

Doch was sind Lösungsansätze? Weniger konsumieren und Produkte länger nutzen, weniger Ressourcen für die Herstellung von Produkten brauchen, Ökosysteme regenerieren,  einen After-Sales aufbauen, um Produkte zu reparieren, umzunutzen oder zu recyclen, ist der Studie «Circularity as the new normal» des WWF zu entnehmen. Besonders letzteres sei wichtig, um Kreisläufe zu schliessen.

Den Weg vom linearen, zum zirkulären Modell beschritten bislang trotz Dringlichkeit nur wenige Firmen in der Schweiz. Gemäss einer Studie der Fachhochschule für Wirtschaft Bern (Bhf) erzielen erst 12 Prozent der Schweizer Firmen mit der zirkulären Wirtschaft einen Umsatz von über zehn Prozent. Dabei hätte die Kreislaufwirtschaft viel Potenzial: «Sie verbindet den wirtschaftlichen Erfolg mit dem Umweltschutz und hilft gleichzeitig, soziale und gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen», sagt Marco Grossmann, der Unternehmen und öffentlichen Stellen beim Umbau zur nachhaltigen Wirtschaft berät. Kreislaufwirtschaft heisst für ihn vor allem, Ressourcen und Produkte möglichst lange und intensiv zu nutzen. «Für eine kleine, offene Volkswirtschaft mit nur wenigen eigenen Rohstoffen ist das fast unabdingbar und müsste eine Grundhaltung sein.»

Durchsetzungsstarke EU

Freiwillig ist das Umdenken nicht, denn in der EU werden die «Klimaneutralität» und die Kreislaufwirtschaft mit dem New Green Deal stark vorangetrieben. Firmen, die sich nicht daran halten, bewegen sich schon bald ausserhalb des gesetzlichen Rahmens, erläutert Albin Kälin, Geschäftsführer der Unternehmensberatung EPEA Switzerland GmbH. Hinzu komme, dass Finanzinstitute in den EU-Ländern angehalten würden, Kredite nur noch an Unternehmen zu vergeben, wenn ein Kreislaufkonzept vorliege. «Da müssen sich einige trotz Klimawandel warm anziehen.» 

Auch HR müsste sich vermehrt mit diesem Modell auseinandersetzen. Denn: Neue Geschäftsmodelle erfordern neue Fähigkeiten. Für Grossmann handelt es sich dabei nicht nur um Ingenieur Skills: «Wir benötigen Menschen aller Ausbildungsstufen von der Lehre bis zur Forschung.» Daneben verändern sich auch die Berufsbilder oder es entstehen neue: «Beispielweise Material Scouts, die im Bauwesen Gebäudeteile als Rohstofflager für neue Bauprojekte identifizieren, um ein sogenanntes Urban Mining zu ermöglichen.»

In den Kinderschuhen

Während ein Grossteil der Firmen noch in den «Circular Economy»-Kinderschuhen steckt, sind einige Unternehmen bereits Experten. Beispielsweise das Start-up «Qwstion», das Taschen aus Bananenstauden-Fasern herstellt, die auf den Philippinen gewonnen und verarbeitet sowie in der Schweiz genäht werden. Sie sind langlebig, strapazierfähig und kompostierbar. Verarbeitet werden die Blätter und die Stengel.  Bei dieser ungeniessbaren Bananen-Sorte bleiben dagegen im Wald liegen, wo sie als Dünger dienen. Im Gegensatz zur Baumwolle brauchen die Abaca-Stauden keine Bewässerung. Zudem benötigt der Anbau keine Pestizide. Auf Monokulturen wird verzichtet. Eine rundum gelungene Sache: «Mit Bananatex entwickelten wir ein kreislauffähiges Material, das seit vier Jahren die Basis aller unserer Produkte bildet», erläutert Firmengründer Christian Kaegi. Der Kreislaufgedanke hört für ihn beim Produkt nicht auf: «Das Gebäude unserer Niederlassung in Innsbruck wurde zum grössten Teil aus Holz gebaut und produziert seine eigene Energie.» Derzeit arbeitet das 25-köpfige Unternehmen an einer neuen Verpackungslösungen, die ebenfalls kreislauffähig werden sollen. In Zukunft sollen emissonsfreie Transportmittel eingesetzt und die Transportwege optimiert werden.

Um zu besseren Lösungen zu kommen, ist Kollaboration für Kaegi unabdingbar. «Learning by doing» , lautet sein Lernansatz. «Wer motiviert ist, kann fast alles lernen.» Deshalb ist für ihn die Sinnvermittlung so wichtig. Auch auf dem Arbeitsmarkt hat sich die Innovationskraft des Unternehmens bereits herumgesprochen. Das Unternehmen kann sich vor Bewerbungen kaum retten.

Corinne Päper

Corinne Päper ist die Chefredaktorin des Fachmagazins für Personalverantwortliche, HR Today.

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