SEF.WomenAward 2023: Die Finalistinnen in der Kategorie Unternehmerin/CEO des Jahres Sandra Völler, Tanja Zimmermann-Burgerstein und Marie-France Tschudin sind keine Unbekannten in der Schweizer Wirtschaft. Sie alle haben in ihrem Leben Grosses geleistet und sind deshalb verdiente Anwärterinnen auf den SEF.WomenAward 2023, der am 24. März in Zürich verliehen wird.
Sandra Völler, Tanja Zimmermann-Burgerstein und Marie-France Tschudin sind keine Unbekannten in der Schweizer Wirtschaft. Sie alle haben in ihrem Leben Grosses geleistet und sind deshalb verdiente Anwärterinnen auf den SEF.WomenAward 2023, der am 24. März in Zürich verliehen wird.
Marie-France Tschudin, President, Innovative Medicines International & CCO, Novartis
Marie-France Tschudin ist seit 2017 für Novartis tätig und wurde im April 2022 Leiterin der Einheit Innovative Medicines International. Damit leitet sie den mit Abstand umsatzstärksten Geschäftsbereich. Für die Neuenburgerin ist diese Aufgabe kein unbekanntes Feld. Bereits ihr Vater arbeitete als Führungskraft in der Pharmaindustrie und nahm seine Tochter berufsbedingt auf diverse Reisen nach Portugal und Brasilien mit. Marie-France Tschudin spricht sechs Sprachen und gilt dank ihrer neuen Position als eine der wichtigsten Frauen in der Pharmaindustrie.
Wie hat Ihre Karriereplanung ausgesehen?
Marie-France Tschudin: CCO zu werden war nie der Plan. Ich habe immer mit talentierten Menschen gearbeitet und grossartige Teams zusammengeführt – so ging das Schritt für Schritt. Während ich in verschiedenen Ländern gewohnt und verschiedene Tätigkeiten ausgeübt habe, wusste ich immer, dass ich etwas bewirken will.
Wie haben Sie es geschafft, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen
Man muss seine eigenen Grenzen kennen und lernen, richtig zu kommunizieren. Wo es ging, habe ich nach flexiblen Lösungen gesucht. Ich glaube das Problem ist, dass wir die eigenen Bedürfnisse nicht genug zum Ausdruck bringen. Wenn man die eigenen Grenzen kennt und zu Hause die notwendige Unterstützung hat, ist alles möglich.
Worin sehen Sie die Unterschiede zwischen Unternehmerin und angestellter CEO?
Ein eigenes Unternehmen zu haben ist eine wahnsinnig gute Schule. Es ist aber definitiv anders. In einem Grosskonzern wie Novartis hat man Verantwortung nicht nur der eigenen Firma gegenüber, sondern auch gegenüber der Ärzteschaft, der Gesellschaft und den Investoren. Die Herausforderung, einen Betrieb zu leiten, Leute zu motivieren und eine Strategie auszubauen, ist aber in beiden Fällen dieselbe.
Inwiefern trägt die Firma Ihre Handschrift?
Ich denke nicht zwingend die von mir, aber sicher die meines Teams. Es ist mir wichtig, dass wir eine gemeinsame Strategie haben, damit die Pharmaindustrie sich weiterentwickelt und ein neues Kapitel aufgeschlagen wird. Partnerschaften mit anderen Pharmafirmen, Krankenkassen und Ländern spielen dabei eine grosse Rolle. Durch Covid haben wir gelernt, dass wir gemeinsam viel erreichen können.
Haben Sie Vorbilder?
Mein grosses Vorbild ist mein Vater. Auch er war in dieser Industrie tätig und wir teilen dieselben Werte. Wichtig ist nicht der Moment, sondern, was wir von uns langfristig im Unternehmen lassen: unsere Hinterlassenschaft. Von meinem Vater habe ich die wichtigsten Grundsteine des Verkaufs und den Umgang mit Menschen gelernt.
Setzen Sie sich regelmässig neue Ziele?
Wir haben kurz- und langfristige Ziele, die wir regelmässig neu definieren. Ich denke, dass es wichtig ist, gemeinsame Ziele zu haben und diese gut zu kommunizieren. In einem Unternehmen mit über 100 000 Mitarbeitenden sind es aber vor allem die langfristigen Ziele und die gemeinsame Vision, die uns voranbringen.
Sandra Völler, Gründerin & CEO, Agilita
Sandra Völler hat Agilita 2001 gegründet. Das sich in Privatbesitz befindende Unternehmen mit Sitz im Glatt-Tower in Wallisellen beschäftigt heute über 180 Mitarbeitende. Basierend auf Best Practices bietet die Firma ERP-Lösungen für Schweizer KMU und bringt diese so auf einen hohen Grad der Digitalisierung. Sandra Völler bringt jahrelange Erfahrung aus der IT-Branche mit. So war sie vor ihrer jetzigen Position neun Jahre für die ehemalige CSC Ploenzke als Business Unit Manager tätig.
Wie hat Ihre Karriereplanung ausgesehen?
Sandra Völler: Schon als Kind habe ich gerne verkauft und organisiert. Dieses Talent hat mich wahrscheinlich dazu gebracht, Unternehmerin zu werden. Die Gründung meiner Firma ist aber vielmehr aus einer Situation heraus zustandegekommen.
Wie haben Sie es geschafft, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen?
Es sind immer zwei, die gemeinsam Kinder kriegen. Das ist, denke ich, die erste gute Regel und die wichtigste Voraussetzung: dass sich beide Elternteile verantwortlich zeigen bei der Kindererziehung. Ausserdem ist es wichtig, das richtige Gleichgewicht zu finden. Die meisten Frauen haben ein Problem damit, dass sie nicht gleichzeitig 100% Mama, 100% Businessfrau und 100% Ehefrau sein können.
Worin sehen Sie die Unterschiede zwischen Unternehmerin und angestellter CEO?
Wenn man Eigentümerin ist, kommt alles von Herzen und man kann das Unternehmen viel nachhaltiger führen. Man macht nichts nur, weil es irgendjemand will oder um irgendjemandem einen Gefallen zu tun, sondern aus Überzeugung. Dabei fokussiert man sich nicht nur auf die Geschäftszahlen des nächsten Monats oder des nächsten Quartals.
Inwiefern trägt die Firma Ihre Handschrift?
Sehr, weil ich gerne innovative Ideen ausprobiere. Bei mir muss immer etwas Neues her. Deshalb ist unsere Firma heute global führend im SAP-Umfeld für die Cloud. Rund 105’000 Menschen bei SAP und unsere Partner schauen deshalb auf uns. Man merkt hoffentlich, dass ich zu 1000% dahinterstehe.
Haben Sie Vorbilder?
Leider gab es damals keine Frauen als Vorbilder und deshalb glaube ich, dass viele junge Frauen denken, dass sie Karriere und Familie nicht gleichzeitig haben können. Ich lasse mich aber immer gerne inspirieren – branchenfremd. Typischerweise aus der Mode- und Kreativbranche, weil dort Trends gesetzt werden, die eine Gesellschaft bewegen.
Setzen Sie sich regelmässig neue Ziele?
Ja, meine Firma heisst ja schliesslich Agilita. Ich sage jeder Bewerberin und jedem Bewerber direkt, dass bei uns Beweglichkeit Programm ist. Wir haben unsere Firma in den letzten fünf Jahren verdreifacht und streben in den nächsten drei Jahren eine Verdoppelung an. Ich glaube, das oberste Ziel muss aber sein, das nachhaltig zu tun. Es muss immer ein Gleichgewicht aus Gesundheit, Inspiration und Zufriedenheit vorhanden sein.
Tanja Zimmermann-Burgerstein, CEO, Antistress (Burgerstein Vitamine)
Tanja Zimmermann-Burgerstein ist seit 2016 CEO der Antistress AG. Der Familienbetrieb mit Sitz in Rapperswil (SG) ist unter anderem verantwortlich für die bekannten Burgerstein-Vitamine, die in der Schweiz in jeder Apotheke erhältlich sind. Das 1972 gegründete Unternehmen führt die gelernte Werbe- und Marketingplanerin in der dritten Generation, Tanja Zimmermann-Burgerstein legt dabei grossen Wert auf den sinnvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen.
Wie hat Ihre Karriereplanung ausgesehen?
Tanja Zimmermann-Burgerstein: Meine Karriereplanung war nicht vorprogrammiert, weil mein Vater nicht die Erwartungshaltung hatte, dass ich in die Firma einsteige. Schlussendlich hat es sich dann doch so ergeben und es war umso schöner, dass ich meine Karriere ausserhalb der Firma starten konnte.
Wie haben Sie es geschafft, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen
Die Position als CEO habe ich übernommen, als meine Kinder bereits in einem fortgeschrittenen Alter waren. Da ich die Chance hatte, nicht Vollzeit arbeiten zu müssen, konnte ich Beruf und Familie gut vereinbaren. Meine Kinder wuchsen mit der Firma und meinem Arbeitspensum.
Worin sehen Sie die Unterschiede zwischen Unternehmerin und angestellter CEO?
Bei vielen Familienunternehmen bürgt man mit dem eigenen Namen. Da möchte man seinen Job selbstverständlich besonders gut und sorgfältig machen. Ich denke aber nicht, dass man als Teil eines Familienunternehmens weniger risikofreudig ist, aber vielleicht trifft man bestimmte Entscheidungen etwas überlegter – im Gegensatz zu einer angestellten CEO. Mit grosser Wahrscheinlichkeit steckt nämlich das eigene Vermögen in der Firma.
Inwiefern trägt die Firma Ihre Handschrift?
Meine Handschrift zeigt sich durch meine Person und in der Art, wie ich mit den Menschen umgehe. Wir sind ein Du-Unternehmen und haben wenig Berührungsängste. Ich gehe gerne auf Menschen zu und das merken die Mitarbeitenden.
Haben Sie Vorbilder?
Ja, aber dabei handelt es sich eher um Charaktereigenschaften als um konkrete Personen. Ich bewundere Leute, die visionär denken können, ohne abzuheben. Menschen, die vorausschauende Gedanken haben, aber dennoch den Bezug zur Realität nicht verlieren. Ausserdem ist ein respektvoller Umgang mit Menschen im Unternehmertum etwas sehr Wichtiges. Als Vorbilder sehe ich deshalb auch Führungskräfte, die im Marschschritt vorangehen und es schaffen, die Mitarbeitenden auf eine respektvolle Art zum Mitlaufen zu motivieren.
Setzen Sie sich regelmässig neue Ziele?
Ja, das muss ich. Geschäftlich setze ich mir regelmässig neue Ziele oder passe sie an und gebe die Marschrichtung vor. Ein Ziel muss nicht immer eine Veränderung sein. Ich denke, es ist vielmehr ein Unternehmensprozess, der andauernd passieren muss.
Interviews: Maurice Müller