Die Lebensmittelpreise in der Schweiz dürften auch in diesem Jahr steigen Coop sieht noch kein Ende der Inflation in den Supermärkten. Für die Schweiz ist es ungewöhnlich, dass sich die Lebensmittel in diesem Ausmass verteuern.

Coop sieht noch kein Ende der Inflation in den Supermärkten. Für die Schweiz ist es ungewöhnlich, dass sich die Lebensmittel in diesem Ausmass verteuern.

Lebensmittel sind spürbar teurer geworden – auch bei Coop. (Bild: Annick Ramp)

Die Schweizer Konsumenten müssen auch in diesem Jahr mit steigenden Preisen in den Supermärkten rechnen. «Es wird 2023 ungefähr so weitergehen wie im vergangenen Jahr», sagte Philipp Wyss, der Chef der Coop-Gruppe, an der Jahrespressekonferenz des Unternehmens.

Die Aussage hat Gewicht, denn Coop steht zusammen mit der Konkurrentin Migros für rund 70 Prozent des Schweizer Supermarktgeschäfts. Laut Wyss machen die Zulieferer von Coop weiterhin Kostensteigerungen geltend. Auch die Detailhändlerin selbst hat höhere Ausgaben etwa für Energie, Transporte oder Verpackungen zu schultern.

Altes Muster durchbrochen

In dieses Bild passen die offiziellen Statistiken zu den Lebensmittelpreisen in der Schweiz. Im Januar hat es bereits einen weiteren Preissprung von 1,5 Prozent gegeben, wie die neuesten Inflationszahlen des Bundesamtes für Statistik (BfS) zeigen. Viele Unternehmen im Lebensmittelsektor haben auf Anfang Jahr die Löhne erhöht, und ihre Stromkosten sind gestiegen. Solche Effekte schlagen nun auf die Preise in den Supermarktregalen durch.

Für die Schweiz ist es ungewöhnlich, dass sich die Lebensmittel in diesem Ausmass verteuern. Normalerweise gibt es ein saisonales Muster.

Im Sommer bezahlen die Konsumentinnen und Konsumenten mehr in den Supermärkten, weil der Schweizer Markt in diesem Zeitraum vor allem in Bezug auf Früchte und Gemüse abgeschottet ist. Während der «Bewirtschaftungsperiode» kommen fast nur – vergleichsweise teure – einheimische Produkte in die Läden, was die Preise nach oben treibt. Im Winter hingegen können mehr günstige Lebensmittel aus dem Ausland importiert werden, weshalb die Preise wieder sinken (siehe Grafik). Übers Jahr gesehen sind die Lebensmittelpreise seit langem recht konstant geblieben.

Dieses Muster ist nun jedoch durchbrochen worden. In diesem Winter hat sich der Preisauftrieb fortgesetzt. Laut den Aussagen der Coop-Führung dürfte die Teuerung bei den Lebensmitteln auch noch für einige Monate so weitergehen – bevor sich die Preise gegen Ende Jahr auf einem höheren Niveau stabilisieren sollten.

Brot und Milch sind teurer geworden, Fleisch und Gemüse nicht

Bereits im Jahr 2022 haben sich Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke auf ungewöhnliche Weise verteuert. Laut dem Landesindex für Konsumentenpreise des BfS sind die Preise im Jahresverlauf im Durchschnitt um rund 4 Prozent gestiegen.

Dabei hat es allerdings grosse Unterschiede zwischen den Warengruppen gegeben. Besonders stark verteuert haben sich etwa Brot, Milchprodukte, Eier, Butter und Speiseöle. Diese Produkte kosten rund 10 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Hingegen bezahlen die Supermarktkunden immer noch ungefähr gleich viel, wenn sie Fleisch, Gemüse und Früchte oder Süsswaren in den Warenkorb legen.

Zudem ist die Schweiz im internationalen Vergleich eine Insel der Seligen. In Nachbarländern wie Deutschland und Österreich sind die Lebensmittelpreise allein im vergangenen Jahr um mehr als 15 Prozent gestiegen. Die Schweizer haben unter anderem davon profitiert, dass der starke Franken bei importierten Lebensmitteln die Preissteigerungen dämpfte.

Tiefstapeln der Grossverteiler?

Coop nimmt für sich in Anspruch, die Konsumentinnen und Konsumenten beim Thema Inflation nicht allein zu lassen. Der Firmenchef Wyss sagte, das Unternehmen habe im vergangenen Jahr Mehrkosten von 250 Millionen Franken selbst geschultert und nicht an die Supermarktkunden weitergereicht.

Das Sortiment in den Coop-Supermärkten habe sich deshalb durchschnittlich nur um 1,4 Prozent verteuert. Dies ist auch die Zahl, die Wyss meinte, als er erklärte, dass es «in diesem Jahr so weitergehe».

Ähnlich klingt es bei der Konkurrentin Migros. Wie ein Sprecher auf Anfrage erklärte, hat sich ihr Supermarkt-Sortiment im Jahr 2022 um 1,3 Prozent verteuert.

Die Aussagen der Grossverteiler stehen jedoch in einem gewissen Widerspruch zu den offiziellen Zahlen der Bundesstatistiker, die auf eine deutlich höhere Lebensmittelinflation von 4 Prozent kommen. Das könnte darauf hindeuten, dass Coop und Migros mit ihren eigenen Zahlen eher tiefstapeln.

Coop nimmt Rückgang der Marge in Kauf

Dennoch dürften Coop und Migros einiges unternommen haben, um die Kunden vor steigenden Lebensmittelpreisen zu schützen. Wenn Coop nicht einen Teil der höheren Kosten für Waren, Energie oder Transporte selbst übernommen hätte, hätten die Konsumenten noch tiefer in die Tasche greifen müssen.

Tatsächlich zeigen die Geschäftszahlen von Coop, dass das Unternehmen einen Rückgang seiner Marge in Kauf genommen hat. So ist die Bruttomarge – also der Umsatz minus die Warenkosten – auf Gruppenebene um rund einen halben Prozentpunkt auf 31,4 Prozent zurückgegangen.

Die Coop-Gruppe konnte dies gut verkraften. Im Geschäftsjahr 2022 erzielte sie, wie bereits berichtet, einen Rekordumsatz von 34,2 Milliarden Franken. Besonders stark entwickelte sich dabei nach dem Ende der Corona-Pandemie das Grosshandelsgeschäft von Transgourmet, die Restaurants, Kantinen oder Heime in halb Europa beliefert. Leicht rückläufig war hingegen die Ertragskraft. Die Coop-Gruppe erzielte einen Betriebsgewinn (Ebit) von 843 Millionen Franken (2,5 Prozent des Umsatzes) und einen Reingewinn von 562 Millionen Franken (1,7 Prozent des Umsatzes).

Matthias Benz, «Neue Zürcher Zeitung»

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