Der Welthandel soll grüner werden: Die globale Schifffahrt nimmt Kurs auf Klimaneutralität bis 2050 Die global aufgestellte Branche konnte sich nach langen Verhandlungen auf neue Klimaziele einigen. Selbst eine weltweite Emissionsabgabe ist in einigen Jahren möglich. Für Kritiker geht es zu langsam.

Die global aufgestellte Branche konnte sich nach langen Verhandlungen auf neue Klimaziele einigen. Selbst eine weltweite Emissionsabgabe ist in einigen Jahren möglich. Für Kritiker geht es zu langsam.

Die Schifffahrt ist für rund 3 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. (Foto: Jaanus Jagomägi auf Unsplash)

Grosse Schiffe sind nicht sehr wendig, dafür nehmen sie Fahrt auf, wenn sie einmal auf Kurs sind. Ähnliches könnte auch auf die Verhandlungen zu den Treibhausgasemissionen in der Schifffahrt zutreffen. Am Freitag einigten sich die Mitgliedsländer der Weltschifffahrtsorganisation IMO nach langen Beratungen in London auf neue Klimaziele.

Gemäss diesen muss die Schifffahrt bis zum Jahr 2050 die Emissionen auf null reduzieren. Die bisherige Klimastrategie der IMO, einer Sonderorganisation der Uno, sah bis 2050 nur eine Reduktion der Emissionen um 50 Prozent im Vergleich mit dem Ausstoss von 2008 vor. Klimaneutralität des Sektors wurde erst zum Ende des Jahrhunderts angestrebt.

Mit Zwischenzielen

 

Die genaue Formulierung der neuen Klimastrategie der IMO ist aber schwächer ausgelegt: Die Emissionen sollen bis oder um das Jahr 2050 herum unter Berücksichtigung der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten auf null gesenkt werden. Mit dieser wattigen Formulierung konnten offenbar alle 175 Mitgliedsstaaten der IMO an Bord geholt werden.

Zugleich wurden auch Zwischenziele formuliert. Bis 2030 sollen die jährlichen Emissionen um mindestens 20 Prozent und bis 2040 um mindestens 70 Prozent im Vergleich mit den Werten im Jahr 2008 reduziert werden. Bei den Bestimmungen geht es um einen Sektor, der für rund 90 Prozent des weltweiten Warenhandels verantwortlich ist.

Die Containerschiffe, Tanker, Frachtschiffe und Kreuzfahrtschiffe fahren überwiegend mit Schweröl oder Marinediesel, vermehrt wird auch flüssiges Erdgas als Treibstoff eingesetzt. Die internationale Schifffahrt trägt damit rund 3 Prozent zum globalen CO2-Ausstoss bei. Dies entspricht etwa den Emissionen Deutschlands.

Globale Abgabe im Gespräch

Ausserdem einigten sich die IMO-Mitglieder grundsätzlich darauf, einen Preismechanismus für den Ausstoss von Treibhausgasen per 2027 einzuführen. Dies könnte eine weltweite Abgabe sein, wie sie von einigen gefordert wird. Bis 2025 soll darüber entschieden werden, wie der Preismechanismus aussehen könnte. Nichtregierungsorganisationen kritisierten, dass damit der Entscheid hinausgezögert werde. Im Vorfeld des Treffens in London hatte es schon Auseinandersetzungen um eine Abgabe gegeben.

Frankreich konnte einige Länder wie Dänemark, Südkorea, Mexiko, Kenya und Panama davon überzeugen, eine Abgabe zu unterstützen. Laut Medienberichten stemmten sich aber China und andere Länder wie Argentinien, Brasilien, Südafrika und Saudiarabien gegen einen CO2-Preis in der Schifffahrt. Als Argument wird vor allem aufgeführt, dass durch eine Abgabe die Kosten für den Seeverkehr in die Höhe gingen, was Exporteure und ärmere Länder benachteilige.

Die EU hat bereits beschlossen, die Schifffahrt in das Emissionshandelssystem aufzunehmen. Reedereien müssen damit für den CO2-Ausstoss innerhalb der EU bezahlen. Es bedeutet zudem, dass Unternehmen künftig Verschmutzungsrechte für die Hälfte derjenigen Emissionen kaufen müssen, die sie während Fahrten zwischen der EU und anderen Ländern ausstossen.

Klare Regeln für die Branche

Die Entscheidung in London wird von manchen Reedereien wie der dänischen Maersk-Gruppe positiv aufgenommen. «Noch vor einem Jahr hätte man die blosse Idee, bis 2027 einen globalen Emissionspreismechanismus und einen globalen Standard für umweltfreundliche Kraftstoffe einzuführen, für eine Phantasie gehalten», heisst es von Maersk. Die Dänen beanspruchen für sich, in der Branche Vorreiter bei der Entkarbonisierung der Schifffahrt zu sein.

Weltweite und klare Regeln senken auf alle Fälle die Unsicherheit für künftige Investitionen und geben einen Anreiz, Geld für Antriebe auszugeben, die weniger Emissionen ausstossen. Eine globale Abgabe kann auch der Entwicklung und Verbesserung alternativer Antriebsformen dienen und Investitionen in die Infrastruktur grüner Kraftstoffe fördern. Ein grosses Problem derzeit ist, dass emissionsärmere Antriebstechnologien zwar durchaus vorhanden sind, die Treibstoffe aber noch nicht in den benötigten Mengen an den Markt gebracht werden können.

Auf der Suche nach dem Antrieb der Zukunft

Für Containerschiffe sind derzeit Biodiesel, Methanol und Ammoniak im Gespräch. Manche Reedereien wie das Genfer Unternehmen MSC setzen zunächst noch auf Schiffsantriebe mit verflüssigtem Erdgas und ordern vermehrt Schiffe, deren Antriebe verschiedene Arten von Treibstoff verwenden können. Bisher hat sich noch keine Antriebsform als Königsweg herausgebildet.

Analytiker der Grossbank UBS schätzen, dass die jährlichen Kosten bis zu 317 Milliarden Dollar betragen könnten, wenn eine völlige Entkarbonisierung angestrebt wird. Die UBS schreibt aber auch, dies sei verdaubar. Die Kosten für die Endverbraucher würden sich für typische Konsumgüter um weniger als 1 Prozent erhöhen.

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