Impfen oder nicht Impfen: Was Firmen den Mitarbeitenden auftragen dürfen Dürfen Unternehmen Impfungen vorschreiben? Ein Rechtsexperte, ein Unternehmensberater und eine HR-Chefin geben Auskunft.

Dürfen Unternehmen Impfungen vorschreiben? Ein Rechtsexperte, ein Unternehmensberater und eine HR-Chefin geben Auskunft.

Sich auf den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu berufen, genüge bei einer Impfmassnahme im Betrieb nicht. Bild: Pixabay

Eine Impfung mag zwar nützlich sein, Arbeitgebende können diese aber nicht einfach im Betrieb anordnen. Das gilt für Grippe genauso wie für Covid19, sagt Marc Prinz, Rechtsanwalt und Partner bei der Anwaltskanzlei Vischer. «Eine Impfvorschrift ist ein Eingriff in die körperliche Integrität und Persönlichkeit eines Mitarbeitenden.» Sich auf den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu berufen, genüge bei einer Impfmassnahme deshalb nicht. Wenn überhaupt, sei sie nur zulässig, wenn mildere Schutzmassnahmen wie Hygiene- und Abstandsregeln, Homeoffice oder Maskenpflicht nichts bringen. «Ausgenommen von dieser Rechtslage sind allenfalls Mitarbeitende, die beruflich nahen Kontakt zu gefährdeten Personen haben wie Ärzte oder das Pflegepersonal.»

Generelle Impfpflicht hat auch Folgen für Arbeitgeber

Gegen eine generelle Impfpflicht in den Betrieben stellt sich auch Unternehmensberater Frederic Jordan: «Arbeitgebende können diese unter gewissen Umständen zwar ausrufen, sie ist aber mit Pflichten verbunden.» Das heisst: Erleidet der geimpfte Mitarbeitende einen gesundheitlichen Schaden, könnte er auf den Arbeitgebenden Regress nehmen. «Das wäre bestimmt selten, aber schon eine handvoll Fälle könnten die Rechtsprechung verschärfen.

Wird ein Arbeitnehmender aufgrund starker Impfnebenwirkungen unverschuldet arbeitsunfähig, kommt gemäss Prinz die Lohnfortzahlung zum Zug. Die Kosten für einen allfälligen Arbeitsausfall müssten Arbeitgebende beziehungsweise deren Krankentaggeldversicherung übernehmen. Eine Haftung für langfristige Impfschäden und schwere gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen der Betroffenen hätten Arbeitgebende jedoch kaum zu befürchten. «Zunächst gilt die Produkthaftung gegenüber dem Impfstoffhersteller, dann die Arzthaftung oder subsidiär die Haftung des Bundes.» 

Aufklärung und Freiwilligkeit statt Vorschriften

Monika Bütikofer, HR-Leiterin beim Ziegelproduzenten ZZ Wancor, würde eine Impfvorschrift auch dann nicht erlassen, wenn sie problemlos möglich wäre: «Es darf nicht sein, dass Menschen dadurch in einen inneren Konflikt geraten.» Etwa, weil sie Angst vor einer Impfung und deren Nebenwirkungen haben. Beim Auseinanderdriften von inneren Überzeugungen und äusseren Vorgaben könnte durch die damit einhergehende psychische Belastung auch die Arbeitsleistung nachlassen. Anstatt auf Vorschriften setzen die Befragten deshalb allesamt auf Aufklärung und Freiwilligkeit. Beispielsweise durch Impfempfehlungen.

Impfung darf nicht zu Zweiklassengesellschaft führen

Dass Ungeimpften der Zugang zu bestimmten Räumlichkeiten wie der Cafeteria verwehrt wird, erachten Prinz, Jordan und Bütikofer als diskriminierend. «Wir dürfen keine Zweiklassengesellschaft einführen», plädiert die ZZ Wancor-HR-Leiterin, «sondern müssen Möglichkeiten schaffen, damit Mitarbeitende ausweichen können, wenn sie sich unwohl fühlen.»  Für Jordan ist die Ausgrenzung von bestimmten Mitarbeitenden angesichts der aktuellen LGBT-Diskussionen nicht nur ein Hohn, sondern auch wenig zielführend: «Sie dämmen die Virusverbreitung unter Mitarbeitenden ja nicht ein.» Aus rechtlicher Sicht sind Zutrittsbeschränkungen bestimmter Mitarbeitendengruppen auch aus Datenschutzgründen heikel: «Informationen zu Impfungen sind besonders schützenswerte Personendaten», betont Prinz. «Sie dürfen Dritten gegenüber nicht bekannt gemacht werden.» Also auch nicht gegenüber Mitarbeitenden, die durch verschiedene Zutrittsberechtigungen über den Impfstatus ihrer Kollegen informiert wären, weil sie wissen, wer wo ein- und ausgehen kann.

Selbst Impfprämie hat ihre Tücken

Diskutiert wird zurzeit auch über eine allfällige Impfprämie. Gegen diese lasse sich aus rechtlicher und ethischer Sicht nicht viel einwenden. Dennoch habe auch sie ihre Tücken, findet Jordan: «Die ausbezahlte Prämie müsste sehr hoch sein, um Unentschlossene dazu zu bewegen, sich impfen zu lassen.» Zudem könnten negative Reaktionen aus dem Umfeld der «Willigen» erfolgen, die keine Entschädigung erhielten. Ein Risiko, das Firmen nicht eingehen sollten: «Es lohnt sich nicht das Betriebsklima dafür zu gefährden.» Monika Bütikofer sieht das weniger schwarz: «Als Anreizsystem könnten Impfprämien wie sie bei Grippeimpfungen oder beim Blutspenden ausbezahlt werden, durchaus Wirkung zeigen.»

Corinne Päper ist die Chefredaktorin des Fachmagazins für Personalverantwortliche, HR Today.

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