In Zürich-West entsteht eine neue Hotelfachschule: Sie setzt auf Buchhaltung statt Weinberatung Eine Privatschule will in eine Lücke springen. Obwohl die Gastrobranche zuletzt kämpfen musste.

Eine Privatschule will in eine Lücke springen. Obwohl die Gastrobranche zuletzt kämpfen musste.

Bei Benedict in Zürich Altstetten entsteht eine neue Gastroschule.
Bei Benedict in Zürich Altstetten entsteht eine neue Gastroschule. (PD)

Es gibt Restaurants, die Gäste an der Tür abweisen müssen, weil sie so erfolgreich sind: Doch so geht es den wenigsten. Viele Lokale bleiben leer und schliessen bereits nach wenigen Monaten wieder. Das wirft die Frage auf: Was macht die erfolgreichen Restaurants so erfolgreich?

Diese Frage hat sich Heinrich Meister auch gestellt. Er ist der CEO der privaten Benedict-Schule – und ein Geschäftsmann von altem Schrot und Korn. Benedict hat in der ganzen Schweiz Ausbildungsstätten mit insgesamt 18 000 Studierenden. Sicher hat Meister anderes zu tun. Aber wenn es ihm wichtig ist, dann nimmt er sich selber Zeit.

So wie im Pandemiejahr 2020, als Benedict nach neuen Räumlichkeiten suchte. Meister klapperte die verfügbaren Büroflächen ab – und fand ein Hochhaus in Altstetten. Den Mietvertrag liess er für zwanzig Jahre aufsetzen. Mit der Option auf eine Verlängerung um weitere zwanzig Jahre.

Heute ist es ihm wieder wichtig. Meister hat über Restaurants nachgedacht und ist zu einem Schluss gekommen. Um davon zu erzählen, lädt er in sein Büro. Die Schweizer Fahne steht stramm in der Ecke, und Meister lehnt sich am Konferenztisch nach vorn. Seine Botschaft: Er hat ein neues Bildungsangebot für Zürcher Gastronomen lanciert.

Mehrere hundert Studenten ab 2026

Geht es nach Heinrich Meister, ist es das Personal, das einen Gastrobetrieb ausmacht: «Wenn ich mit Freunden oder Geschäftspartnern essen gehe, möchte ich nicht nach Wasser fragen müssen. Ich möchte umsorgt werden, ohne es zu merken», sagt er.

Klingt simpel, scheint aber ziemlich schwierig zu sein. Jedenfalls schwierig genug, dass Meister Bedarf sieht für eine weitere Gastroschule mit grossem Einzugsgebiet.

Der Umstand, dass ähnliche Einrichtungen – etwa die Zürcher Hotelfachschule – in letzter Zeit in empfindliche Schwierigkeiten geraten sind, scheint ihn dabei gar nicht zu beeindrucken. Ganz im Gegenteil.

Bereits im kommenden Herbst nehmen die ersten Klassen ihre Ausbildung bei Benedict auf. Man werde mit fünfzig oder sechzig Studierenden anfangen und schauen, wie das so ankomme, sagt er. Ab dem nächsten Jahr wird das Programm dann hochgefahren.

Meisters langfristiges Ziel: ein paar hundert Studentinnen und Studenten aus den Bereichen Hotellerie und Gastronomie. Pro Jahr, versteht sich. Zweifel, ob diese Dimensionen realistisch seien, habe er keine. Allein in diesem Sommer habe er Hunderte Anfragen bekommen. «Wir werden streng selektionieren müssen.»

Ein Bachelor für globale Karrieren

Das Geheimnis seines Erfolgs? Er sei seit fünfzig Jahren im Geschäft und habe ein grosses Netzwerk. In der Schweiz, aber auch in Hongkong, in den USA und in Dubai kenne man ihn, «Mr. Meister from Switzerland». Dank seinen Beziehungen könne er seine Studenten an hervorragende Unternehmen vermitteln. Zusätzlich zu den theoretischen Kenntnissen könnten sie dort die praktischen Kenntnisse auf hohem Niveau erwerben.

Der Lehrplan in seiner Schule sei allerdings weniger akademisch, als der Titel vermuten lasse, sagt Meister. Man habe sich strikte auf die Praxis ausgerichtet. Und die Praxis in modernen Hotels ist heute anders, als man es vielleicht annehmen würde.

Setzt auf kaufmännische Fähigkeiten: Heinrich Meister, CEO der Benedict-Schule. (PD)
Setzt auf kaufmännische Fähigkeiten: Heinrich Meister, CEO der Benedict-Schule. (PD)

Zum Pflichtprogramm gehören während der dreijährigen Ausbildungszeit mehrere Praktika bei renommierten Hotels, wie dem «Marriott» in Zürich, dem «Mandarin Oriental» in Luzern, oder bei Fluggesellschaften wie Swiss oder Emirates. Nach bestandenen Prüfungen bekommen die Absolventen einen Bachelor of Arts in Hospitality oder Global Business Management.

Der Bachelor-Abschluss sei wichtig, weil er die Ausbildung international vergleichbar mache. Abschlüssen von höheren Fachschulen oder Fachhochschulen bleibe die internationale Anerkennung dagegen häufig verwehrt. Dabei sei es für Junge zentral, dass sie auch im Ausland Karriere machen könnten.

Serbelnde Hotelfachschule

Einen Fisch muss in Meisters Business & Hotel Management School niemand filetieren können. Auch wie man eine perfekte Weinberatung durchführt, ist in den Kursen höchstens peripher ein Thema. Überhaupt macht das gastronomische Handwerk bloss etwa einen Drittel der Ausbildung aus.

Im Fokus stehen stattdessen kaufmännische Fähigkeiten: Personalführung, Buchhaltung, Marketing. Das seien auch die Kernkompetenzen von Benedict, sagt Meister: «Dieses Know-how vermitteln wir seit Jahrzehnten. Tausende von Abgängern haben damit Karriere gemacht.» Mit dem unternehmerischen Fokus hebe sich seine Schule von den Angeboten der Konkurrenz ab – auch im Bereich gastronomischer Bildung.

Dass die klassische, handwerklich orientierte Gastro-Ausbildung derzeit nicht sonderlich gefragt ist, zeigt sich am Beispiel der Hotelfachschule Zürich. Sie ist jüngst in die Negativschlagzeilen geraten: Vor zwei Jahren musste der Dachverband Gastrosuisse, der die Hotelfachschule betreibt, das Restaurant «Belvoirpark» schliessen.

Seit 2022 müssen Schülerinnen und Schüler der brancheneigenen Hotelfachschule ihre Praktika deshalb anderswo absolvieren. 45 Personen verloren bei der Schliessung ihre Anstellung. Und seit dem Sommer 2024 sieht es gar so aus, als sei die Hotelfachschule ganz am Ende. Ein «geordneter Rückzug der Tätigkeit der Hotelfachschule Zürich über mehrere Jahre hinweg» stehe im Raum, schrieb damals eine Sprecherin an die NZZ.

Für Meister ist der Moment also günstig. Er glaubt, dass eine internationale Stadt wie Zürich Fachkräfte in allen Branchen brauchen könne – wenn sie wüssten, wie man ein Geschäft mache, erst recht.

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