Wettbewerbsfähigkeit: Die Schweiz ist weltweit wieder auf Platz eins, Deutschland verbessert sich leicht Kleine Länder sind für Unternehmen attraktiver als grosse. Dies zeigt das jüngste Ranking des Management-Instituts IMD.

Kleine Länder sind für Unternehmen attraktiver als grosse. Dies zeigt das jüngste Ranking des Management-Instituts IMD.

(Foto: Ricardo Gomez Angel auf Unsplash)

Welches Land bietet für mein Unternehmen ein gutes Umfeld? Diese Frage dürften sich derzeit viele Firmenverantwortliche stellen. Mit seiner Zollpolitik hat US-Präsident Trump die weltwirtschaftliche Ordnung durcheinandergebracht. Die Grossmächte sind auf Konfrontationskurs. Die Unternehmen müssen aufpassen, nicht zwischen die Fronten zu geraten.

Kleine Länder im Vorteil

In dieser Lage sind die attraktivsten Länder immer noch unter den kleinen Staaten zu finden. Dies zeigt das jüngste Ranking zur Wettbewerbsfähigkeit des Lausanner Management-Instituts IMD. Von den zehn wettbewerbsfähigsten Ländern haben nur zwei mehr als zehn Millionen Einwohner – die Niederlande und Taiwan. Im Übrigen dominieren die Kleinen. Offensichtlich fällt es diesen leichter, auf die Bedürfnisse der Wirtschaft flexibel einzugehen. Auf dem Podest stehen Hongkong, Singapur und die Schweiz. Die Eidgenossenschaft hat sich den ersten Platz in diesem Jahr zurückerobert.

Die zehn führenden Volkswirtschaften verfügten alle über gute institutionelle Rahmenbedingungen, eine robuste Infrastruktur und anpassungsfähige Regierungsmodelle, sagte der IMD-Forschungsleiter Arturo Bris zu den Resultaten. Gerade in einer fragmentierten Welt sei dies erforderlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig seien kleine Länder weniger anfällig für Polarisierung. Es gebe eher einen wirtschaftlichen und politischen Konsens, der Stabilität schaffe.

Die Stärken der Schweiz

Das Ranking des IMD bildet die Sicht des Privatsektors auf ein Land ab. Das Lausanner Institut verwendet 170 harte Indikatoren sowie eine Umfrage unter rund 6000 Managerinnen und Managern, um auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes zu schliessen. All diese Zahlen werden in ein Ranking gegossen. Dabei handelt es sich nicht um eine exakte Wissenschaft. Aber die Resultate dürften eine Näherungsgrösse dafür bieten, wie attraktiv die Rahmenbedingungen in einem Land für Unternehmen sind. Dabei werden vier Pfeiler betrachtet: die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Effizienz des Staates, die Effizienz der Firmen sowie die Güte der Infrastruktur.

Die Schweiz ist seit vielen Jahren in den Top 3 zu finden. Zwar gehört sie nicht zu den wachstumsstärksten Ländern. Aber sie punktet mit einem vergleichsweise effizienten Staatswesen sowie mit einer guten Infrastruktur. Dennoch sollte dies kein Grund sein, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. In der IMD-Studie werden verschiedene Herausforderungen für die Schweiz genannt: Das Land müsse Wege finden, um angesichts des weltweiten Protektionismus sein Wirtschaftswachstum zu erhalten und neue Absatzmärkte zu erschliessen. Die Regulierung für Unternehmen sollte reduziert werden. Im geschützten Binnenmarkt herrsche zu wenig Wettbewerb. Die Finanzierung der Altersvorsorge sei nicht nachhaltig.

Deutschland holt bei der Infrastruktur auf

Grosse Länder haben derweil auch grössere Probleme. Unter den führenden Wirtschaftsmächten schneiden die USA mit Rang 13 noch am besten ab. Die Platzierung hat sich kaum verändert: Offensichtlich hat sich die Politik von Präsident Trump und seinen Republikanern bis jetzt weder negativ noch positiv ausgewirkt. Die USA schneiden vor allem bei der Effizienz des Staatswesens und bei der Infrastruktur unterdurchschnittlich ab. Etwas zurückgefallen ist China auf Rang 16.

Einen Lichtblick gibt es für Deutschland. Die grösste Volkswirtschaft Europas war in den letzten Jahren im Ranking deutlich zurückgefallen, was als Bestätigung für die Wirtschaftsprobleme und den Reformstau im Land gewertet wurde. Nun hat sich Deutschland aber wieder leicht verbessert von Rang 24 auf Rang 19. Zwar lässt die wirtschaftliche Dynamik immer noch zu wünschen übrig, und bei Steuerbelastung und Bürokratie gehört Deutschland zu den schlechtesten Ländern im Ranking. Bei der Infrastruktur ortet die Studie aber Fortschritte.

Nicht verbessert hat sich Österreich. Das Land verharrt auf Rang 26. Dazu beigetragen haben die gegenwärtige Wachstumsschwäche sowie ein überbordendes Staatswesen. Ähnliche Probleme plagen weitere Länder in Europa. Noch weiter hinten liegen das Vereinigte Königreich (Rang 29), Frankreich (32) und Italien (43). Den grossen Ländern scheint es nicht zu gelingen, ihre Wettbewerbsfähigkeit wesentlich zu verbessern. Sie wirken wie schwerfällige Supertanker, während kleine Länder sich agil anzupassen verstehen, um Unternehmen ein attraktives Umfeld zu bieten.

Matthias Benz, «Neue Zürcher Zeitung»

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