In welchen Bereichen nach der CS-Übernahme ein Stellenabbau droht – und wer gute Karten hat, den Job zu behalten Welche Stellen gelten nach dem Zusammenschluss von UBS und Credit Suisse als sicher und welche nicht? Personalexperten geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Welche Stellen gelten nach dem Zusammenschluss von UBS und Credit Suisse als sicher und welche nicht? Personalexperten geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

CS-Angestellte bangen nach der Übernahme durch die UBS um ihre Stellen.

«Das wäre ja so, wie wenn UBS und Credit Suisse zusammengehen würden.» In Schweizer Finanzkreisen sowie unter Finanzjournalisten war das lange ein Bonmot, das ausdrücken sollte, wie unwahrscheinlich eine Angelegenheit doch sei. Nun ist die Übernahme der CS durch die UBS zur Realität geworden.

Auch kaum ein Mitarbeitender bei den beiden Schweizer Grossbanken hatte noch vor kurzer Zeit damit gerechnet, dass ein solcher Zusammenschluss tatsächlich bevorstehen könnte. Viele sind auf dem falschen Fuss erwischt worden und fragen sich, wie es bei dem neuen Bankgiganten mit der eigenen Stelle weitergeht. Derzeit ist die Lage noch unübersichtlich – Personalexpertinnen und Kenner des Finanzplatzes beantworten die wichtigsten Fragen.

Stehen bei der fusionierten Grossbank viele Stellen auf dem Spiel?

Beobachter gehen unisono davon aus, dass dies der Fall ist. Der Schweizerische Bankpersonalverband zeigt sich «schockiert» über die drohenden Auswirkungen der Übernahme auf die Mitarbeitenden, wie Co-Geschäftsleiterin Natalia Ferrara mitteilt. Es sei zu befürchten, dass weit mehr Stellen auf dem Spiel stünden als noch bei der Neuausrichtung der CS im Herbst 2022 angekündigt.

Laut Klaus Biermann und Jonas Neff von dem Personalberatungsunternehmen Biermann Neff beschäftigen UBS und Credit Suisse derzeit in der Schweiz zusammen 38 000 Mitarbeitende. «Wir gehen davon aus, dass es in fünf Jahren weniger als 25 000 sein werden», sagt Biermann.

In welchen Bereichen sind Stellen besonders gefährdet?

Es liegt auf der Hand, dass die Führung des fusionierten Finanzinstituts die Bereiche auf Herz und Nieren auf mögliche Doppelspurigkeiten prüfen wird. Derjenige, der übernehme, sitze dabei am längeren Hebel, ist in der Branche zu hören. Das heisse aber nicht, dass die Stellen bei der UBS alle sicher seien. «Auch in der CS hat es einzelne Bereiche, in denen die Mitarbeitenden besser waren als in der UBS», sagt Erik Wirz von Wirz & Partners Executive Search.

Das sieht auch Neff so. «Es ist davon auszugehen, dass Geschäftsfelder, die nicht im strategischen Fokus der UBS stehen, verkauft oder massiv zurückgefahren werden», sagt er. Besonders viele Überlappungen sieht er im Mid- und Backoffice, also in den operationellen Einheiten der beiden Banken. Viele Doppelspurigkeiten gebe es auch in den Bereichen Legal and Compliance, Marketing und Kommunikation, im Personalwesen sowie bei zahlreichen Stabsfunktionen und den regionalen Organisationen.

Zunächst dürften Bereiche, die relativ geringe Auswirkungen auf das operative Geschäft hätten, auf mögliche Kosteneinsparungen hin untersucht werden, heisst es in der Branche. Als potenzielle Beispiele gelten die Bereiche Personalwesen, Finanzen, Reporting oder Administration. Auch im Bereich User-Support innerhalb der Bank könnte es Stellenstreichungen geben.

Andreas Dietrich, Professor an der Hochschule Luzern, sieht auch Stellen in Bankfilialen als gefährdet. «Es gibt Orte, da stehen die Filiale der UBS und die der CS direkt nebeneinander», sagt er. Er sieht auch Doppelspurigkeiten im Management. «Sowohl UBS als auch Credit Suisse haben beispielsweise Regionenleiter für Zürich oder die Ostschweiz.» Für diese Funktion werde in Zukunft wohl nur noch eine Person benötigt.

Welche Mitarbeiter haben gute Karten?

Kundenberaterinnen mit einem guten Kundenbuch müssten sich keine Sorgen machen, ist in der Branche zu hören. Solche Mitarbeiter haben auch nie Probleme, die Bank zu wechseln. Sie sind im Sektor begehrt.

Auf beiden Seiten hätten Mitarbeitende, die wirklich wertschöpfend seien, gute Karten, sagt Wirz. Sie müssten eben gute Leistungsausweise und Zahlen vorweisen können. Es sei die Aufgabe des Managements, diese Leute zu identifizieren und unabhängig davon, aus welcher Bank sie kommen, zu halten. Idealerweise macht man sie zu positiven Botschaftern für den Wandel innerhalb der fusionierten Bank.

Auch IT-Spezialisten könnten in nächster Zeit sehr gefragt sein, weil es darum geht, die IT-Systeme der beiden Banken zusammenzubringen. Wirz betont, es sei wichtig, für die Leistungsträger schnell Klarheit zu schaffen. Sonst drohten negative psychologische Effekte bei den Betroffenen. «Gerade die Leute, die man nicht verlieren will, gehen sonst weg.»

Was bedeuten die Entwicklungen für das jeweilige Schweiz-Geschäft der beiden Grossbanken?

Das Schweiz-Geschäft der UBS wird durch die Übernahme der Credit Suisse zusätzlich gestärkt. Insbesondere im Geschäft mit Unternehmenskunden sei die Credit Suisse wesentlich stärker und besser aufgestellt gewesen als die UBS, sagt Biermann: «Hier hat die UBS ein wirkliches Filetstück erhalten.»

Ist mit Kürzungen bei den Gehältern zu rechnen?

Dietrich geht nicht davon aus, dass es zu Gehaltskürzungen bei den Bankern kommen wird. Eher dürften die Kosten durch einen Stellenabbau gesenkt werden. Das erwarten auch andere Personalberater. Wolle man die Leistungsträger weiter binden, könne man ihnen nicht das Gehalt kürzen.

Biermann und Neff gehen indessen davon aus, dass der Zusammenschluss von UBS und Credit Suisse zu zusätzlichem Druck auf die Gehälter der bisherigen CS-Mitarbeiter führen könnte. Nun könnte dies auch den UBS-Mitarbeitenden drohen. «Durch das Wegfallen der Konkurrenzsituation zwischen den beiden Schweizer Grossbanken bietet sich der UBS im Heimmarkt Schweiz eine bisher nie da gewesene historische Chance, ihre Gehaltspolitik neu auszurichten, ohne befürchten zu müssen, dass unzufriedene Mitarbeiter zur anderen Grossbank wechseln», sagt Neff.

Was bedeutet das Ereignis für die Job-Situation auf dem Finanzplatz Schweiz?

Durch den Zusammenschluss von UBS und CS werde das Geschäftsvolumen nicht per se kleiner, sagt Dietrich. Es sei aber davon auszugehen, dass es wohl zu gewissen Verlagerungen kommen werde. Personalberater gehen davon aus, dass das Zusammengehen von UBS und CS die Transformation, durch welche die Bankenbranche in der Schweiz geht, beschleunigen dürfte. Trotzdem werde es weiter Fachkräfte brauchen – also Personen, die ihr Fach besonders gut beherrschen.

Michael Ferber, «Neue Zürcher Zeitung»

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