Neue Klimainitiative aus der Wirtschaft: Auch kleine Firmen können CO2 sparen In der Swiss Climate Action Initiative wollen sich Unternehmen gegenseitig dabei helfen, grüner zu werden. Nützen dürfte das besonders KMU, die sich bisher ums Klimathema drücken konnten.

In der Swiss Climate Action Initiative wollen sich Unternehmen gegenseitig dabei helfen, grüner zu werden. Nützen dürfte das besonders KMU, die sich bisher ums Klimathema drücken konnten.

 

Mehrere Schweizer Unternehmen haben ein Klimabündnis gegründet. Mit dabei ist auch die Zurich-Versicherung; Aufnahme aus dem Hauptsitz. (Bild: Karin Hofer / NZZ)

Der Kampf gegen den Klimawandel findet derzeit nicht mehr auf der Aufschlagseite statt. 2019 waren noch alle Augen auf den Klimastreik und Greta Thunberg gerichtet, dann grätschte erst die Pandemie dazwischen, jetzt der Krieg in der Ukraine.

Doch in der Schweizer Firmenwelt hat sich hinter den Kulissen trotzdem einiges bewegt. An diesem Donnerstag stellten neun Schweizer Unternehmen ein neues Klimabündnis vor, die Swiss Climate Action Initiative (SCAI). Mit dabei sind etwa die Schweizer Ableger von IBM, Coca-Cola und Siemens, einem der grössten industriellen Arbeitgeber des Landes, sowie die Zurich-Versicherung und die Migros. Die Teilnehmer verpflichten sich darauf, eine Klimabilanz und -strategie sowie einen Umsetzungsplan auszuarbeiten, die sich an den Pariser Klimazielen ausrichten. An diesen Plänen werden die Firmen dann auch gemessen.

Das soll aber nur die Basis der Mitarbeit sein, bei den grösseren Firmen ist ein solches Klima-Reporting ohnehin schon bald Standard. Im Zentrum der Initiative, sagt der Zurich-Chef Mario Greco, stehe der konkrete Erfahrungsaustausch, wie sich die Klimabilanz verbessern lasse. «Es kann darum gehen, Gebäude nachhaltiger zu betreiben, das Abfallmanagement zu verbessern oder in der Betriebskantine klimaschonender zu kochen.»

Man könne voneinander lernen, wie sich zum Beispiel der CO2-Fussabdruck der eigenen Geschäftsreisen und der Arbeitswege der Mitarbeiter verkleinern lasse, und wolle auch Vorbild für andere Unternehmen sein und diese zum Mitmachen animieren. Mit der Zeit könnten dann auch gemeinsame Klimaprojekte zum Thema werden.

Der erste Adressat der SCAI sind also andere Unternehmen. Darüber hinaus wolle man aber, sagt Greco, auch der Gesellschaft ein Signal geben, dass sich in der Schweiz etwas bewege und man mit gutem Beispiel vorangehe. «Es liegt nicht an den Unternehmen allein, es liegt nicht am Staat allein. Klimaschutz lässt sich nicht delegieren, jeder muss in seinem Bereich beitragen.»

Klimaschutz ist nicht nur für SMI-Firmen

Zahlreiche Klimainitiativen richteten sich bisher an einzelne Branchen und gehen stärker ins Detail: In der Net-Zero Insurance Alliance finden sich die Versicherer wieder, in der Net-Zero Asset Owner Alliance die Vermögensverwalter oder Asset-Manager.

Die SCAI will dagegen eine Plattform für Firmen aus allen Branchen sein, für SMI-Firmen wie für KMU, die mehr tun möchten. Manche Grossunternehmen, die stärker im Schaufenster der Öffentlichkeit stehen, haben sich bereits ambitionierte Klimaziele gesetzt. Doch die KMU fliegen meistens unter dem Radar von Greenpeace oder Klimastreik.

Dabei könnten sie einen wichtigen Beitrag leisten: 2019 zählte das Bundesamt für Statistik in der Schweiz rund 600’000 KMU, also Firmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Über 3 Millionen Beschäftigte sind für sie tätig. Die rund 1700 Grossunternehmen beschäftigen nur halb so viele Mitarbeiter.

Das Problem für die KMU liegt natürlich darin, dass es ihnen wegen fehlender Skaleneffekte schwererfällt, eigene Ressourcen in Klimafragen zu stecken. Sie können sich schlicht keinen eigenen Stab mit Fachleuten leisten. Oft wird das Thema nebenbei von Mitarbeitern in der Produktion, der Beschaffung oder des Marketings abgedeckt.

Vorbild sein für Kleine

Das Problem sieht auch Dominic Ziegler, der Geschäftsführer von Arbofino. Das Familienunternehmen pflanzt in Ecuador nachhaltiges Teakholz an. Es lässt Investoren Bäume kaufen und kümmert sich dann um die Aufzucht und Verwertung des Holzes. Für jede Hektare Teak will das Unternehmen auch eine halbe Hektare Naturwald schützen. Zusätzlich ermöglicht es Wiederaufforstungsprojekte für Firmen, die CO2 kompensieren und die Biodiversität fördern möchten.

Arbofino ist mit Abstand das kleinste Unternehmen unter den Gründerfirmen der SCAI. Es hat zwei feste Mitarbeiter und acht in Ecuador; übers Jahr hinweg bietet es rund 25 Vollzeitstellen an. Ziegler sieht seine Rolle bei der Initiative denn auch darin, andere kleinere und mittlere Unternehmen zu motivieren. «Unsere Wirtschaft besteht zum Grossteil aus KMU, ich sehe da ein Riesenpotenzial.»

Für KMU sei es nicht einfach, den ersten Schritt zu einer Klimastrategie zu machen, sagt Ziegler. Viele sähen vor allem einen Berg von Aufgaben, den sie neben dem Kerngeschäft erledigen müssten. «Natürlich gibt es auch Beratungsfirmen im Klimabereich. Doch für kleine Unternehmen sind die Kosten oder der Rechercheaufwand dann schnell eine erste Barriere.» Die neue Initiative werde den Unternehmen diese Arbeit oder Investitionen zwar nicht abnehmen; aber dank dem Know-how anderer Unternehmen könnten auch KMU besser einschätzen, wo sich ein lohnender und machbarer erster Schritt tun lässt.

Anders als bei Zertifizierungsprogrammen stünden die KMU auch nicht sofort unter Druck. Faktisch hätten sie vier Jahre Zeit: In den ersten zwei Jahren müssten sie die Klimastrategie und den Umsetzungsplan erstellen, um diesen in den nächsten zwei Jahren umzusetzen und validieren zu lassen. «In vier Jahren kann auch eine kleine Firma viel erreichen.»

André Müller, «Neue Zürcher Zeitung»

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