Aktienhandel – mit oder ohne Börse? Je nach Strategie und alter einer Firma ist eine Publikumsöffnung sinnvoll. Besonders für KMU kann der ausserbörsliche Handel eine Alternative zur Börsenkotierung sein.

Je nach Strategie und alter einer Firma ist eine Publikumsöffnung sinnvoll. Besonders für KMU kann der ausserbörsliche Handel eine Alternative zur Börsenkotierung sein.

Seit Anfang Oktober 2020 sind die Aktien von Outdoor Switzerland im ausserbörslichen Handel gelistet. Bild: Outdoor

Bereits als sich 2017 die Aktionäre der Outdoor Interlaken AG und der Grindelwaldsports AG dazu entschlossen, die beiden Unternehmen unter dem Dach der Jungfrau Sports Holding AG zu vereinen, war vorgesehen, dass die Titel des Outdoorspezialisten mittelfristig auf der Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank, sprich ausserbörslich gelistet und gehandelt werden sollen. Das Angebot der heutigen Outdoor Switzerland AG reicht vom River Rafting, Canyoning, Bungee-Jumping und Gleitschirmfliegen über einen eigenen Seilpark bis zu Skischulen in Grindelwald und Schneeschuhtouren. Nur drei Jahre später und trotz grosser Unsicherheiten aufgrund der Coronakrise war es Anfang Oktober 2020 dann soweit: Für damals rund 1350 Franken konnten Investoren die Aktien der Firma ausserbörslich kaufen.

Eine Publikumsöffnung kann für KMU aus vielerlei Hinsicht ein interessanter Schritt darstellen – sei dies beispielsweise im Rahmen einer Nachfolgeregelung oder für eine geplante Expansion. Statt den Gang an eine Börse zu wählen, kann besonders für kleinere Gesellschaften auch der ausserbörsliche Handel zweckdienlich sein.

Zusätzliche Exit-Möglichkeit

Für Outdoor Switzerland bot die Notierung auf der OTC-X-Plattform gleich mehrere Vorteile, weshalb sich das Unternehmen trotz der widrigen Umstände aufgrund der Pandemie nicht von seinem ursprünglichen Ziel abbringen liess. So erreichte die Gruppe dank dem Listing auf der einen Seite eine Marktbewertung für ihre Titel. Diese war für die vom Unternehmen geplanten Übernahmen von weiteren Outdoorspezialisten von Bedeutung, da damit die Firmenaktien als Akquisitionswährung eingesetzt werden konnten.

Auf der anderen Seite wurde die Publikumsöffnung mit dem Alter der zehn Grossaktionäre begründet. Da diese seit der Gründung der jeweiligen operativen Tochterfirmen aktiv in den Betrieb involviert waren und zwischenzeitlich über 50 Jahre alt wurden, ermöglicht ihnen das OTC-X-Listing eine zusätzliche Exit-Möglichkeit zu Marktpreisen. Der Ausstieg eines grossen Aktionärs ohne liquiden Aktienmarkt wäre laut Firmenangaben hingegen schwierig geworden.

Weniger Aufwand

Eine Nachfolgeregelung oder die Verbreiterung des Aktionariats sind zwei Szenarien, weshalb ein Unternehmen eine Publikumsöffnung vollzieht – sei dies an einer Börse oder im ausserbörslichen Handel. Zwei weitere Motive: Mit einem Listing erhöht eine Firma ihren Bekanntheitsgrad und verbessert die Transparenz für seine Aktionäre. Ob dazu ein eigentlicher Börsengang nötig ist oder ein Listing im ausserbörslichen Markt ausreicht, hängt von den Zielen ab, die das Unternehmen mit dem Going Public erreicht will, und davon, welches Publikum angesprochen werden soll.

Dass von einigen KMU der ausserbörsliche Weg gewählt wird, statt einen Börsengang zu vollziehen, hängt oftmals mit den einfacheren und günstigeren Vorgaben gegenüber einer Börsenkotierung zusammen. Schliesslich kann letztere für einen Betrieb einen Zusatzaufwand nach sich ziehen, der im Verhältnis zum erzielten Handelsvolumen zu gross erscheint. Zu denken ist hierbei insbesondere an die Rechnungslegungs- und Compliance-Vorgaben, die an der Börse bestimmten Anforderungen genügen müssen. Viele kleinere Unternehmen wie beispielsweise die Lenzerheide Bergbahnen haben sich in den vergangenen Jahren denn auch von der Schweizer Börse SIX verabschiedet und lassen ihre Titel nur noch ausserbörslich handeln.

Nur noch wenige OTC-Plattformen

Der Weg in den ausserbörslichen Markt ist nämlich vergleichsweise einfach. Die Aufnahme beispielsweise auf der OTC-X-Handelsplattform der Berner Kantonalbank BEKB setzt unter anderem voraus, dass die Gesellschaft eine geprüfte Jahresrechnung mindestens nach den Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts oder des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht erstellt, heisst es im entsprechenden Reglement. Es werden grundsätzlich nur Wertpapiere von Unternehmen nach Schweizer oder Liechtensteiner Recht aufgenommen, die über entmaterialisierte Titel verfügen, heisst es weiter. Welches Unternehmen aufgenommen werden kann, entscheidet am Ende die Plattform-Betreiberin nach einem standardisierten Prozess. So müssen die Aspiranten einer bankinternen Prüfung standhalten, die von einem Gremium mit Experten aus Handel, Kapitalmarkt, Firmenkundengeschäft und Compliance durchgeführt wird. 

Noch gibt es in der Schweiz drei Betreiber von ausserbörslichen Handelsplattformen. Neben der BEKB sind dies auch die Privatbank Lienhardt & Partner sowie die Lausanner Bondpartners. Per Ende 2021 hat sich dagegen, nach gut 20 Jahren, die Zürcher Kantonalbank aus dem Bereich verabschiedet.

Sparks: Erleichterter Börsenzugang für KMU

Einen erleichterten Börsengang verspricht den KMU auch das im Oktober 2021 neu lancierte Börsen­segment «Sparks» der Schweizer Börse SIX. Dieses richtet sich an Gesellschaften, die eine Marktkapitalisierung von weniger als 500 Millionen Franken aufweisen. Die Hürden für die Kotierung der Titel sind dabei etwas tiefer als für einen «normalen» Börsengang, gewährt aber trotzdem den Zugang zu den öffentlichen Kapitalmärkten.

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