«Nachhaltige Mobilität ist eine Lebensmission» Rebecca Karbaumer ist neu gewählte Verwaltungsrätin der Mobility Genossenschaft. Sie plädiert für mehr Emotionen sowie Diversität in der Branche.

Rebecca Karbaumer ist neu gewählte Verwaltungsrätin der Mobility Genossenschaft. Sie plädiert für mehr Emotionen sowie Diversität in der Branche.

«Es gilt, Personen anzusprechen, die Carsharing noch nicht nutzen», sagt Rebecca Karbaumer. Bild: Kerstin Rolfes

Im vergangenen Mai wählten die Delegierten der Mobility Genossenschaft Rebecca Karbaumer zur neuen Verwaltungsrätin des Unternehmens. Während der Wahl war sie per Video zugeschaltet, denn sie lebt und arbeitet in Bremen als Projektkoordinatorin für nachhaltige Mobilität. Vor Ort fand zum selben Zeitpunkt die eher ungewöhnliche Fachtagung statt, die sie mitgestaltet hatte. Titel: «Shared Mobility Rocks!»

Mobilitätsthemen haftet oft etwas Biederes an. Wie kommt man dazu, ein Symposium unter dem Motto «Shared Mobility Rocks!» durchzuführen?

Rebecca Karbaumer: Dahinter steht die Auffassung, dass Fachtagungen nicht trocken sein müssen, um ergiebig zu sein. Im Gegenteil: Wenn man Themen spielerisch und verrückt präsentiert, bleibt am Schluss mehr hängen. Zur vierten Durchführung des Fachsymposiums sind Teilnehmende aus 27 Ländern angereist. Viele kamen, nebst der Inhalte, auch wegen der Stimmung.

Braucht es ausgefallene Ansätze, um das Thema geteilte Mobilität zugänglicher zu machen?

Man kann kompetent sein und trotzdem der Leidenschaft freien Lauf lassen. Für mich und viele andere ist die Arbeit in der nachhaltigen Mobilität eine Lebensmission, die Spass macht. Am Ende erreicht man bestimmt auch mehr Leute, wenn man seine Freude an der Sache zum Ausdruck bringt.

Wie sind Sie mit Mobility in Berührung gekommen?

Im Jahr 2019 habe ich das Unternehmen durch persönliche Kontakte besser kennengelernt. Der schweizweite Ansatz der grossen Flotte, das zusätzliche One-Way-Angebot – das sind absolute Meisterleistungen! Deshalb freue ich mich riesig, nun richtig bei Mobility einsteigen zu können.

Welche Ziele haben Sie sich als Verwaltungsrätin gesetzt?

Ich komme nicht mit der Absicht zu erklären, wie man den «Laden» umkrempeln soll, zumal Mobility schon so erfolgreich ist. Die Schweiz ist Deutschland in Sachen Carsharing weit voraus. Trotzdem ist das Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Es gilt, Personen anzusprechen, die Carsharing noch nicht nutzen.

Wie zum Beispiel?

Fakt ist, dass Shared-Mobility-Angebote heute noch mehrheitlich von Männern genutzt werden. Frauen sind damit eine riesige Zielgruppe, die man noch zu wenig anspricht. Das hat viel mit Verhaltens- und Wirtschaftspsychologie zu tun. In diesem Gebiet kann und will ich mich künftig einbringen.  

Wenn wir bei Frauen sind: Sie wurden 2021 durch TUMI (Transformative Urban Mobility Initiativ) als «Remarkable Woman in Transport» nominiert und vorgestellt. Wie schaffen wir es, mehr Diversität in den Mobilitätsbereich zu bringen?

Es ist schön, dass Frauen aus allen Bereichen der Branche durch diese Initiative mehr Aufmerksamkeit erhalten. In Europa arbeiten im Verkehrssektor ja nur gerade 22 Prozent Frauen. Das muss sich ändern. Nicht, weil männliche Planer nicht kompetent sind, aber unsere täglichen Erfahrungen prägen unterbewusst unsere Arbeit. Genau deshalb ist eine hohe Diversität – egal ob bei Geschlecht, Ethnizitäten oder Alter – wichtig.

Zum Abschluss die Pflichtfrage: Wie sind Sie privat unterwegs?

Meistens zu Fuss und mit dem Rad, gelegentlich mit dem öffentlichen Nah- und Fernverkehr und selbstverständlich nutze ich ab und zu das örtliche Carsharing-Angebot, wenn ich dann doch mal ein Auto benötige. Ich geniesse alle Vorzüge der geteilten Mobilität. Wenn es gar nicht anders geht, bin ich auch mal mit dem Flugzeug unterwegs. Für die Verwaltungsratssitzungen in Rotkreuz werde ich aber primär mit dem Nachtzug anreisen.

Zur Person

Rebecca Karbaumer ist studierte Umweltwissenschaftlerin (Bachelor of Science, University of Missouri-Kansas City) und Geographin (Master in Stadt- und Regionalentwicklung, Universität Bremen). Seit Januar 2013 ist sie bei der Stadt Bremen für nachhaltige Mobilität zuständig und koordiniert europäische und lokale Verkehrsprojekte. Rebecca Karbaumer ist zudem Co-Autorin eines Buchs über Shared Mobility («How to Make Shared Mobility Rock: A Planner’s Guide to the Shared Mobility Galaxy»), das als Leitfaden für Planer und Politiker auf kommunaler Ebene dient.

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