Umfrage zur Klimapolitik: Vor diesen jungen Wirtschaftsleadern muss man sich fürchten Laut einer Umfrage sind junge Wirtschaftsführer vom marktbasierten Klimaschutz desillusioniert. Da fragt man sich, was ältere Führungsleute an die jüngeren weitergeben – und ob Hochschulen wie die Universität St. Gallen das Richtige vermitteln.

Laut einer Umfrage sind junge Wirtschaftsführer vom marktbasierten Klimaschutz desillusioniert. Da fragt man sich, was ältere Führungsleute an die jüngeren weitergeben – und ob Hochschulen wie die Universität St. Gallen das Richtige vermitteln.

Wie tickt der Nachwuchs? Eine Studie dürfte am St. Gallen Symposium zu reden geben. (Foto: HSG)

«Die Grenzen des Wachstums»: Die streitbare Schrift des Club of Rome hatte 1972 am St. Gallen Symposium Premiere. Darin wurden Schreckensszenarien berechnet, wonach uns bald die Ressourcen ausgehen würden. Damit lag der Club of Rome jedoch ziemlich daneben, weil er die Rolle von Preisen und Märkten völlig ausgeblendet hatte: Steigende Preise motivieren zu einem sparsameren Einsatz von Ressourcen oder spornen den Erfindergeist an.

Am Donnerstag beginnt das diesjährige St. Gallen Symposium. Im Vorfeld hat die Organisation mit dem Nürnberg Institut für Marktentscheidungen eine Umfrage durchgeführt, deren Ergebnisse Zündstoff bergen. Gefragt wurden 650 junge Leader aus aller Welt, die jünger als 35 Jahre und Alumni des Symposiums sind oder am Essay-Wettbewerb teilnahmen. Dazu kamen 250 gestandene Managerinnen und Manager grosser Firmen. Man würde vom Führungsnachwuchs viel Optimismus, Selbstvertrauen und vielleicht einen Funken anarchisches Denken erwarten. Doch davon ist wenig zu spüren.

Es braucht ein anderes System

Die junge Generation ist mehrheitlich der Ansicht, die notwendigen Schritte für eine nachhaltige Umgestaltung der Wirtschaft könnten nur in einem anderen wirtschaftlichen und politischen System umgesetzt werden. Nur 47 Prozent der Jungen glauben denn auch daran, dass wir einen Systemkollaps noch verhindern können. Bei den Führungspersonen sind es immerhin zwei Drittel. Und während 87 Prozent der älteren Managergeneration neue Technologien für entscheidend im Kampf gegen den Klimawandel halten, sind es bei den jungen Leadern 59 Prozent.

Ginge es nach den allermeisten Jungen, müssten die Unternehmen ihre Ausrichtung zudem auf den Kopf stellen. Die Interessen der Aktionäre, also den Shareholder Value, sollte man weniger gewichten als ökologische und soziale Ziele. Hierin kommt jedoch ein Missverständnis zum Ausdruck, das vielleicht auch in der Fragestellung angelegt war: Längerfristig Gewinne schreiben kann eine Firma nur, wenn sie zufriedene Kunden und motivierte Mitarbeitende hat. Das ist Adam Smith’ berühmte unsichtbare Hand: Gewinnstreben, das mit dem Shareholder-Ansatz verbunden ist, führt dazu, dass die Vorteile sich auf die ganze Gesellschaft erstrecken.

Das Streben nach Effizienz hat dabei auch eine ökologische Komponente: Jeder Franken, den man an Material oder Energie einspart, erhöht den Gewinn. Deshalb machen Firmen aus weniger mehr – und nimmt der CO2-Fussabdruck in diversen westlichen Volkswirtschaften trotz Wirtschaftswachstum ab.

Dort, wo dies noch nicht der Fall ist, hat es nichts mit bösem Willen zu tun. Vielmehr fehlt es zuweilen an den richtigen Preissignalen, wie sie etwa vom Handel mit Emissionen ausgehen. Der Emissionshandel mit Schwefeldioxid hat in den USA dazu geführt, dass der Ausstoss seit 1990 um 94 Prozent zurückgegangen ist, zu einem Viertel der ursprünglich geschätzten Kosten. In der EU hat sich der Handel mit CO2 etabliert und soll auf den Verkehr und das Heizen ausgedehnt werden. Doch sowohl die jungen als auch die etablierten Führungskräfte halten dieses Instrument für wenig effektiv.

Die Desillusionierung der Jugend

«Diese lauwarme Aufnahme könnte ein Hinweis auf eine allgemeine Desillusionierung gegenüber marktbasierten Lösungen sein», heisst es in der Studie. Ist also das Vertrauen in den Staat grösser als das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, die Innovationskraft der Firmen und die Vernunft der Konsumentinnen und Konsumenten? Falls ja, liesse das aufhorchen. Wenn schon die künftigen Leader von Marktwirtschaft und Kapitalismus wenig halten, wie soll man dann die Bevölkerung von marktwirtschaftlichen Ansätzen im Klimaschutz überzeugen?

Angesichts der Umfrageergebnisse muss sich die ältere Managergilde fragen, welche Werte sie der jungen mitgegeben hat. Angesprochen sind aber auch Hochschulen wie die Universität St. Gallen, die sich rühmt, weltweit eine der besten Management-Ausbildungen anzubieten. Legen sie in der Ausbildung die richtigen Schwerpunkte?

Christoph Eisenring, «Neue Zürcher Zeitung»

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