Aktuell ist bei Bewerbungen laut Studie Selbstbewusstsein gefragt Stellensuchende in der Schweiz lassen sich oft von hohen Anforderungen in Job-Inseraten einschüchtern. Dabei sind die Personalverantwortlichen gerade in der aktuellen Situation durchaus bereit, Mitarbeitende einzustellen, die nicht alle Qualifikationen mitbringen.

Stellensuchende in der Schweiz lassen sich oft von hohen Anforderungen in Job-Inseraten einschüchtern. Dabei sind die Personalverantwortlichen gerade in der aktuellen Situation durchaus bereit, Mitarbeitende einzustellen, die nicht alle Qualifikationen mitbringen.

 

(Bild: unsplash.com)

Die Liste ist lang: «Universitäts- oder Fachhochschulabschluss, Führungs- und mehr als fünfjährige Berufserfahrung, überdurchschnittliche kommunikative und analytische Fähigkeiten, ausgezeichnete Deutsch- und Englischkenntnisse, Zuverlässigkeit, Selbständigkeit, Freude an der Arbeit im Team, Motivation, sich weiterzubilden und Bereitschaft, die Extrameile zu gehen». Das ist nur ein Teil der Anforderungen in einem Schweizer Stelleninserat, abgerufen im April 2022.

Laut einer aktuellen Befragung des Stellenportals Indeed fühlen sich viele Schweizer Stellensuchende von Inseraten wie diesem abgeschreckt. Wer schreibt sich selbst schon gerne «überdurchschnittliche Kommunikationsfähigkeiten» oder «ausgezeichnete Englischkenntnisse» zu – oder will ständig Überzeit machen, wie die «Extrameile» suggeriert.

Weit über die Hälfte der Befragten gab an, sich nur auf Stelleninserate zu bewerben, wenn sie mindestens 80 Prozent der geforderten Qualitäten aufweisen, heisst es in der am Donnerstag veröffentlichten Studie. Knapp zwei Drittel fühlen sich von den Kriterien in den Stelleninseraten eingeschüchtert. Frauen noch etwas öfter als Männer.

HR lässt Toleranz walten

Dabei ist es laut der Studie gar nicht nötig, dass man bei der Stellensuche so viele der gesuchten Kriterien erfüllt. Indeed hat nämlich auch Personalverantwortliche befragt und herausgefunden, dass fast die Hälfte in Bezug auf die Anforderungen Nachsicht walten lässt.

Denn die Suche nach Fachkräften ist derzeit schwierig, viele Stellen unbesetzt. Darum reicht es gemäss der Umfrage aktuell aus, wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber rund 70 Prozent der im Inserat geforderten Fähigkeiten mitbringt.

Ausserdem werden die Personalchefinnen und -chefs weniger wählerisch, je länger eine Stelle ausgeschrieben ist. Und lang ausgeschriebene Job-Annoncen sind momentan häufig: Unternehmen brauchen im Schnitt ganze fünf Monate, um eine Position zu besetzen.

Häufige Abstriche bei der Arbeitserfahrung

Vor allem wenn es um die geforderte Arbeitserfahrung geht, sind die Personalverantwortlichen der Studie zufolge oftmals bereit, ein Auge zuzudrücken. Aber auch bei den Sprachkenntnissen und den Ausbildungsabschlüssen machen sie in der Not öfters Zugeständnisse. Rund ein Drittel der Befragten gab an, bei diesen Kriterien von den ursprünglich geforderten Kriterien abzuweichen.

«HR-Abteilungen sollten mit ihren Stellenausschreibungen die Arbeitssuchenden abholen – durch klare Tätigkeitsbeschreibungen, Gehaltsangaben und vor allem durch realistische Ansprüche», wird Indeed-Kadermitglied Thomas Kaiser in der Mitteilung zitiert.

Aber auch die Stellensuchenden selbst haben es in der Hand. «Die Schweizer Jobsuchenden wollen möglichst viele Anforderungen in Stellenausschreibungen erfüllen, sonst bewerben sie sich erst gar nicht. Dabei ist jetzt der beste Zeitpunkt für mehr Selbstbewusstsein», so Kaiser.

Für die Studie hat YouGov im Auftrag von Indeed von Ende März bis Anfang April 752 berufstätige Schweizerinnen und Schweizer im Erwachsenenalter befragt. Zusätzlich befragte das Marktforschungsinstitut 329 Angestellte, die Personalentscheidungen treffen.

Das könnte Sie auch interessieren: