Auslandreisen: Unternehmen setzen auf Eigenverantwortung und Aufklärung Die Herbstferien stehen vor der Tür - und mit ihnen möglicherweise neue Quarantäneregelungen. Was heisst das für Firmen: Müssen Mitarbeitende ihre Ferienziele offenlegen? Ein Jurist und drei Unternehmensvertreter geben Auskunft.

Die Herbstferien stehen vor der Tür - und mit ihnen möglicherweise neue Quarantäneregelungen. Was heisst das für Firmen: Müssen Mitarbeitende ihre Ferienziele offenlegen? Ein Jurist und drei Unternehmensvertreter geben Auskunft.

 

Arbeitgebende können verlangen, dass die Mitarbeitenden ihre Ferienziele offenlegen, sofern sie in ein Risikogebiet verreisen. Bild: Pixabay

«Bis im Mai 2021 gab es bei uns einen Fragebogen, auf dem die Mitarbeitenden freiwillig ihre Ferienziele offenlegten», erzählt Jannine Hodel, Head HR & Administration Services von Hero Schweiz. Inzwischen ist dieser jedoch nicht mehr im Umlauf. Für den Fragebogen entschieden hätte sie sich nicht aus Kontrollgründen, sondern zum einen, um die Mitarbeitenden zu sensibilisieren. «Zum anderen wollten wir unseren Mitarbeitenden aufzeigen, dass die Lohnfortzahlung während der Quarantäne eingestellt werden kann oder Mitarbeitende, die kein Homeoffice machen können, Ferienstunden beziehen müssen, wenn sie gemäss der BAG-Länderliste wissentlich in ein Risikoland einreisen.» Der Fragebogen wurde gemäss Jannine Hodel von den Mitarbeitenden mit viel Verständnis und sehr pflichtbewusst ausgefüllt.

Die Verantwortlichen der Zürcher wie auch Basellandschaftlichen Kantonalbank verzichteten bislang indes auf die Offenlegung der Ferienziele. Der Grund: «Wir glauben an die Eigenverantwortung unserer Mitarbeitenden und dass sie sich vernünftig und rücksichtsvoll verhalten», sagen Adi Bucher, Leiter Human Resources und Organisationsentwicklung bei der Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB), ähnlich tönt es bei Johanna Stauffer, Media Relations bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Beide Kantonalbanken halten sich an die Empfehlungen und Vorgaben des BAG und verweisen ihre Mitarbeitenden auf diese, «inklusive der aktuellen Reiseempfehlungen des BAG», betont Johanna Stauffer. «Gemäss Umfragen wird unser bisheriges Vorgehen während der Pandemie von unseren Mitarbeitenden positiv wahrgenommen», bestätigt Adi Bucher. Sollte es dennoch zu einem Quarantänefall aufgrund einer Auslandsreise kommen, können bei beiden Kantonalbanken die meisten Mitarbeitenden ihre Arbeit im Homeoffice erledigen. Somit kommt es nur selten zu Lohnkürzungen oder Ferienabzügen.

Rechtliche Aspekte

Doch wie ist die Offenlegung der Ferienziele von Mitarbeitenden rechtlich zu werten? «Ferien fallen grundsätzlich in die Privatsphäre der Mitarbeitenden», erklärt Rechtsanwalt Nicolas Facincani von Voillat Facincani Sutter + Partner. Eine generelle Frage nach der Offenlegung des Ferienziels sei daher unzulässig. «Dennoch sind Arbeitgebende aktuell aufgrund ihrer Fürsorgepflicht während der Corona-Krise dazu verpflichtet, die nötigen Vorkehrungen zum Schutz ihrer Arbeitnehmenden zu treffen.» (Anm. d. Red.: Art. 328 OR, Art. 82 UVG und Art. 6 ArG i.V.m. ArGV 3). Aus diesem Grund dürfe der Arbeitgebende verlangen, dass die Mitarbeitenden ihre Ferienziele offenlegen, sofern sie in ein Risikogebiet verreisen oder ihre Ferien in einem solchen verbracht haben. Gemäss Facincani ist «eine solche Mitteilung bereits aufgrund der Treuepflicht des Arbeitnehmers geboten».

Einen Haken hat das Ganze allerdings: Da der Mitarbeitende die Auskunft grundsätzlich freiwillig gebe, habe es für ihn keine rechtlichen Konsequenzen, wenn er seinem Vorgesetzten ein «falsches» Ferienziel nennt. «Die Frage ist ohne Einverständnis der Mitarbeitenden unzulässig», erklärt Nicolas Facincani. So dürfe der Arbeitnehmende sogar auf eine Notlüge zurückgreifen. «Eine Kündigung aufgrund der falschen Nennung eines Ferienziels wäre somit missbräuchlich. Der Arbeitnehmende hätte somit das Recht auf eine Entschädigung.» Verreise der Arbeitnehmende in den Ferien in ein Risikogebiet und sei zum Zeitpunkt der Rückkehr am Corona-Virus erkrankt, riskiere er jedoch eine Lohneinbussen, da er seine Arbeitsverhinderung selbst verschuldet habe. «Dasselbe gilt, wenn nach einem ferienbedingten Aufenthalt das Risiko einer Corona-Erkrankung besteht und der Arbeitnehmende nicht zur Arbeit zugelassen werden kann und kein Homeoffice möglich ist.»

Die Ferienziele müssen also rechtlich gesehen nicht offengelegt werden – es sei denn, die Mitarbeitenden machen freiwillig mit, wie das bei Hero Schweiz der Fall war. Falls die Quarantäneliste im Herbst wieder eingeführt werde, kann sich Jannine Hodel deshalb gut vorstellen, das Formular wieder in den Einsatz zu nehmen.

Christine Bachmann die stellvertretende Chefredaktorin des Fachmagazins für Personalverantwortliche, HR Today.

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