Über die Grenzen hinweg Das HR wird internationaler. Das stellt KMU vor grosse Herausforderungen. Ein ehemaliger Chief Human Resources Officer (CHRO) eines mittelständigen Unternehmens und eine Chief People Officer (CPO) eines internationalen KMU über Lösungsansätze.

Das HR wird internationaler. Das stellt KMU vor grosse Herausforderungen. Ein ehemaliger Chief Human Resources Officer (CHRO) eines mittelständigen Unternehmens und eine Chief People Officer (CPO) eines internationalen KMU über Lösungsansätze.

 

Regionalen Fachkräfte kennen die Rahmenbedingungen vor Ort und können das teils lokale Management in HR-Fragen kompetent beraten. Bild: Pexels

«Das HR wird im internationalen Umfeld bei kulturellen Belangen wichtiger», sagt Philipp Uschatz, ehemaliger CHRO des mittelständischen Steckverbinderunternehmens Erni International AG (heute Teil des amerikanischen Konzerns TE Connectivity) und heutiger Consultant. «In kleineren und mittleren Unternehmen kommt das aber oft zu kurz. Häufig gelten oft die Gepflogenheiten des Hauptsitzes als Mass aller Dinge.» Damit stosse ein Unternehmen seinen regional tätigen Mitarbeitenden oft vor den Kopf und schwäche deren Engagement. «Dem entgegenzuwirken ist Aufgabe des HR.» Auf operativer Ebene etwa durch lokale HR-Fachleute, denen genügend Entscheidungskompetenzen eingeräumt werden. «Übersteigt das die Möglichkeiten eines Betriebs, sollte es mittels HR-Outsourcing Partner vor Ort finden.» Insbesondere, weil sich die Rechtslage, die Anstellungsbedingungen und die Sozialpartnerschaften von Land zu Land stark unterscheiden. «Schweizer Standards anzupassen, genügt nicht.» HR-Tätigkeiten sollten gemäss Uschatz soweit als möglich im jeweiligen Land erledigt werden. «Globale HR-Prozesse braucht es in einem KMU dagegen nur, wo ein klarer Mehrwert besteht.» 

Uschatz sagt das nicht nur, er pflegte diese Handlungsweise auch bei seinem ehemaligen Arbeitgeber. In fremde Gefilde zu expandieren erwies sich für den mittelständischen Betrieb als sehr anspruchsvoll, entlastete das zentrale HR aber auch: «Die neu angestellten regionalen Fachkräfte kannten die Rahmenbedingungen vor Ort und konnten das teils lokale Management deshalb in allen HR-Fragen kompetent beraten.» Die wichtigsten Meilensteine im Internationalisierungsprozess? «Die Kulturtransformation aufgrund gemeinsam erarbeiteter Unternehmenswerte und Führungsleitlinien», sagt Uschatz. Für den Erfolg eines internationalen Change-Projekts sei dafür nicht nur die Unterstützung des CEO vonnöten, sondern auch jene der Führungskräfte und Mitarbeitenden, die von der Konzeption der Prozesse und Projekte bis zur Umsetzung und Einführung eingebunden werden sollten.

Neu formierte HR-Crew

Ein Unternehmen, das seinen Spielraum zurzeit weltweit erweitert, ist Adnovum, ein Schweizer IT-Softwareunternehmen mit über 600 Mitarbeitenden an sieben Standorten. Internationalisierung des HR versteht CPO (Chief People Officer) Karin Bühler hauptsächlich als «Vertikalisierung von Kompenzen sowie Ressourcenbündelung». Bis vor Kurzem habe es noch keine globale HR-Verantwortung mit Einsitz in der Geschäftsleitung gegeben. «Meine Funktion als CPO wurde zusammen mit dem HR-Strategiewechsel vor einem Jahr geschaffen.» Davor hätten die HR-Teams in Zürich und den Niederlassungen in Ungarn, Portugal, Singapur und Vietnam eigene Ziele festgelegt und sich mit Projektplänen, Prozessen sowie Tools auseinandergesetzt.

Während lokale People Teams die Employee-Life-Cycles von der Rekrutierung bis zum Offboarding verantworten und als Business Partner für Führungskräfte amten, nehmen sie je nach Kompetenzen innerhalb der Organisation zusätzliche globale Rollen ein und führen das mit ihrem Thema betraute global verteilten HR-Team. Etwa jenes für Learning and Development, HR-Marketing und Employer Branding oder Compensation and Benefits. «Mit diesem HR-Matrix-Modell treiben wir unsere strategischen HR-Ziele länderübergreifend viel schneller voran als vor dem HR-Strategiewechsel», sagt Bühler. Das gehe jedoch nicht zu Lasten der lokalen Flexibilität: «Wir harmonisieren das HR nur, wo es sinnvoll ist, aber nicht um jeden Preis.» Das, weil die Standorte sich teils in unterschiedlichen Phasen befänden und unterschiedliche Herausforderungen zu meistern hätten. «Diese sollen sie auch vor Ort lösen.» 

Um die HR-Internationalisierung voranzutreiben, musste sich die HR-Crew zunächst neu formieren. Dafür seien organisationales Lernen, interkulturelles Verständnis und der Umgang mit Netzwerken sowie virtuellen Strukturen matchentscheidend. Bühlers wichtigsten Learnings? «Die Mitarbeitenden an den Standorten aktiv einbeziehen, Klarheit zur Strategie und Ausrichtung schaffen und gemeinsam mit Passion einen Plan entwickeln. Dinge zusammen gestalten und Menschen zusammenbringen, Geduld, um unterschiedliche Meinungen und Ziele aneinander anzupassen und wo immer möglich, einen Kompromiss zu finden.» Vor allem aber: «Nicht die perfekte Lösung für jede Niederlassung erwarten. Manchmal reicht ein ‹good enough to go›. Bühlers HR-Ziele sind weiterhin hochgesteckt: «Bei einem geplanten Mitarbeiterwachstum von 10 Prozent und einer Fluktuation von 10 Prozent, müssen wir 2022 rund 120 neue Kollegen und Kolleginnen für uns gewinnen.» Ziele, die sie gern anpackt.

 

Corinne Päper

Corinne Päper ist die Chefredaktorin des Fachmagazins für Personalverantwortliche, HR Today.

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