Schweizer KI-Regulierung: Bundesrat stellt strategischen Ansatz vor Während die Europäische Union mit dem AI Act einen umfassenden regulatorischen Rahmen geschaffen hat, geht die Schweiz einen eigenen Weg. Mit sektorspezifischen Gesetzesanpassungen und gezielten Soft-Law-Massnahmen will der Bundesrat Innovation und Wettbewerbsfähigkeit erhalten und zugleich die Grundrechte schützen.

Während die Europäische Union mit dem AI Act einen umfassenden regulatorischen Rahmen geschaffen hat, geht die Schweiz einen eigenen Weg. Mit sektorspezifischen Gesetzesanpassungen und gezielten Soft-Law-Massnahmen will der Bundesrat Innovation und Wettbewerbsfähigkeit erhalten und zugleich die Grundrechte schützen.

Der Bundesrat hat erstmals konkrete Leitlinien zur Regulierung Künstlicher Intelligenz vorgestellt. (Nicolas Peyrol/Unsplash)

Im Februar 2025 hat der Schweizer Bundesrat seinen Ansatz zur Regulierung Künstlicher Intelligenz (KI) vorgestellt und sich damit in der internationalen Diskussion positioniert. Statt eine umfassende, sektorübergreifende Regelung wie den AI Act der EU vollständig zu übernehmen, verfolgt die Schweiz einen bewusst schlanken, praxisorientierten und modular aufgebauten Ansatz. Ziel ist es, den Umgang mit KI klar zu regeln, ohne die Innovationskraft und Flexibilität der Wirtschaft einzuschränken.

Der vom Bundesrat vorgeschlagene Ansatz sieht einen modularen Rechtsrahmen vor, der auf Praxistauglichkeit und Flexibilität setzt. Dies bedeutet, dass statt einer umfassenden, allgemeinen Regulierung gezielte gesetzliche Änderungen nur dort vorgenommen werden sollen, wo sie tatsächlich erforderlich sind. Ergänzend setzt der Bund auf unverbindliche Massnahmen («Soft Law») wie Branchenstandards und Leitlinien, um eine bestmögliche Balance zwischen regulatorischer Sicherheit und Innovationsförderung zu schaffen.

Bereits im Jahr 2023 hatte der Bundesrat eine umfassende Analyse in Auftrag gegeben, um den Regulierungsbedarf im Bereich KI festzustellen. Die Untersuchungen ergaben, dass die derzeitigen schweizerischen Rechtsgrundlagen zwar bereits viele der KI-bezogenen Herausforderungen abdecken, jedoch insbesondere in den Bereichen Transparenz, Risikoanalysen, Kontrollmechanismen sowie bezüglich möglicher Auswirkungen von KI-Systemen ergänzende Anpassungen sinnvoll erscheinen.

Sektorspezifische Anpassungen

In mehreren spezifischen Bereichen sind gesetzliche Massnahmen bereits konkret geplant. Diese betreffen insbesondere drei zentrale Sektoren:

  • Geistiges Eigentum: Die rasche Entwicklung KI-basierter Anwendungen macht laut Bundesrat den Schutz des geistigen Eigentums unerlässlich – sowohl zur Sicherung der Innovation als auch zur Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs. Im Fokus stehen besonders Fragen zur Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke für das Training von KI-Systemen. Der Ständerat hat dazu am 20. März einstimmig eine Motion für eine Revision des Urheberrechtsgesetzes angenommen, mit der journalistische Inhalte und andere geschützte Werke besser vor unerlaubter Nutzung durch Anbieter von KI geschützt werden sollen. Im Patentrecht wird derzeit ebenfalls diskutiert, ob von KI generierte Erfindungen patentierfähig sein sollten.
  • Energieversorgung: Im Energiesektor besitzt KI ein grosses Potenzial, Prozesse zu optimieren, Bedarfs- und Angebotsprognosen präziser zu gestalten sowie Netzstabilität und Integration erneuerbarer Energien zu verbessern. Seit Ende 2022 beobachtet das Bundesamt für Energie (BFE) die Entwicklungen und Regulierungen rund um den KI-Einsatz intensiv. Erste Zwischenergebnisse liegen seit Juni 2024 vor. Als zentrale Risiken identifiziert wurden unter anderem Sicherheitsprobleme durch KI-Schwachstellen, mögliche Angriffe auf kritische Infrastrukturen, potenzielle Fehlinformationen sowie Abhängigkeiten von Technologieanbietern.
  • Gesundheitssystem: Gerade im Gesundheitswesen eröffnen KI und datengetriebene Medizin enorme Chancen für medizinische Forschung und eine effiziente Patientenversorgung. Die bessere Nutzung von Gesundheitsdaten birgt jedoch Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz und Patientenrechte. Insbesondere bei KI-gestützter Bilderkennung medizinischer Geräte sind spezifische technische Regelungen notwendig, um Datenschutzfragen sowie das Selbstbestimmungsrecht der Patienten umfassend sicherzustellen. Dies erfordert gezielte gesetzliche Anpassungen.

Schutz der Grundrechte

Im Zentrum der schweizerischen KI-Strategie steht auch die von 57 Staaten gemeinsam erarbeitete KI-Konvention des Europarats vom Mai 2024. Bis Ende 2026 möchte der Bundesrat entsprechende gesetzliche Anpassungen in den Bereichen Datenschutz, Transparenz, Diskriminierungsschutz und Aufsicht umsetzen. Die Schweiz hat die Konvention am 27. März 2025 bereits unterzeichnet, die Ratifizierung steht jedoch noch aus.

Keyfacts

  1. Der Bundesrat entscheidet sich für einen zurückhaltenden Ansatz zur KI-Regulierung, orientiert an der KI-Konvention.
  2. Anstelle eines umfassenden Regulierungsmodells wie dem AI-Act liegt der Fokus auf dem Schutz der Grundrechte und sektorspezifischen Anpassungen.
  3. Ein wesentlicher Teil der praktischen Leitlinien für den Einsatz von KI dürfte über Soft Law Instrumente entstehen, die von den betroffenen Branchen eigenständig entwickelt werden.
  4. Als nächster Schritt wird eine Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der KI-Konvention erarbeitet.

Bei sämtlichen Aktivitäten sieht der Bundesrat die internationale Kompatibilität – insbesondere hinsichtlich des EU-Marktes – als einen zentralen Faktor. Die Wirtschaft soll weiterhin Zugang zu wichtigen Handelspartnern behalten, regulatorische Hürden und Komplikationen sollen möglichst vermieden werden.

Unser Fazit 

Der vorgelegte Entwurf zur KI-Regulierung in der Schweiz ist begrüssenswert. Besonders überzeugend erscheint der Ansatz sich auf die Grundrechte sowie sektorspezifischen Anpassungen zu konzentrieren. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung in diesem Bereich sinnvoll, da sich erst mit der Zeit zeigen wird, welche regulatorischen Massnahmen erforderlich und zielführend sind.

Für Entscheidungsträger ist es daher wichtig, die regulatorischen Entwicklungen sowohl in der Schweiz als auch in Europa aufmerksam zu verfolgen. So kann frühzeitig abgeschätzt werden, welche Massnahmen für die Compliance erforderlich werden, welche Anwendungen gegebenenfalls angepasst werden müssen und welche strategischen Weichenstellungen notwendig sind, um langfristig regulatorische Sicherheit zu gewährleisten.

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Claudia Keller
Matthias Langenegger

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