Woran Unternehmen leiden: Der Fachkräftemangel bleibt in Zürich ihr grösstes Problem, vor Energiepreisen und Inflation Laut dem dritten KMU-Monitoring der Zürcher Kantonalbank ist die Rekrutierung von Arbeitskräften je nach Branche unterschiedlich schwierig.

Laut dem dritten KMU-Monitoring der Zürcher Kantonalbank ist die Rekrutierung von Arbeitskräften je nach Branche unterschiedlich schwierig.

Ein Mitarbeiter in einer Schreinerei im Kanton Zürich. 71 Prozent der Unternehmen geben an, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Personal zu haben. (Foto: Karin Hofer / NZZ)

Die gute Nachricht vorweg: Den kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) im Kanton Zürich geht es grundsätzlich gut. Aber sie blicken etwas weniger optimistisch in die Zukunft als auch schon. Das geht aus dem jährlichen KMU-Monitoring hervor, das die Zürcher Kantonalbank (ZKB) am Donnerstag zum dritten Mal veröffentlicht hat.

Mehr als eine Million Beschäftigte sind im Kanton Zürich in über 122 000 Arbeitsstätten tätig. Etwa 4 von 5 Betrieben bestehen lediglich aus 1 bis 9 Personen. Zürich ist trotz seinen Grossunternehmen ein typischer Teil des KMU-Landes Schweiz. 729 Firmen mit jeweils maximal 250 Angestellten haben sich an der Studie beteiligt.

Fachkräftemangel: für mehr als die Hälfte ein Problem

In der jüngsten Ausgabe legt die ZKB nicht völlig überraschend den Fokus auf den Fachkräftemangel, der seit einiger Zeit die Schlagzeilen prägt. Tatsächlich geben 71 Prozent der Unternehmen an, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Personal zu haben. Eine zentrale Herausforderung, also ein Problem, ist sie für gut die Hälfte, nämlich 53,5 Prozent.

Der Personalmangel hat gegenüber dem Vorjahr noch etwas zugelegt und rangiert damit erneut ganz oben auf dem Sorgenbarometer der KMU, deutlich vor Lieferengpässen und der Inflation. Erstmals wurde auch nach den Energiepreisen gefragt, die mit einem Drittel der Nennungen an zweiter Stelle stehen.

Auf dem dritten Platz liegt die inländische Konkurrenz, aber das ist eigentlich kein Problem, sondern «part of the game» und aus Sicht der Kundschaft im Gegenteil erwünscht. Selbstverständlich möchte mancher Unternehmer, dass etwas weniger Wettbewerber im gleichen Teich fischen.

Hingegen zeigen sich zwischen den Branchen markante Unterschiede. Die Frage, ob sie Schwierigkeiten hätten, geeignetes Personal zu finden, bejahen in den Bereichen Bau, Industrie und Gastronomie jeweils mehr als 80 Prozent der befragten Firmen.

Immerhin etwa zwei Drittel der im Bereich sozialer und wirtschaftlicher Dienstleistungen tätigen Betriebe sehen darin ein Problem. Im Vergleich dazu beurteilt der Handel die Rekrutierungsprobleme fast schon entspannt.

Unterschiedlich gross sind diese dagegen je nach Betriebsgrösse. Von den Kleinstunternehmen mit 1 bis 9 Personen sind nur 54 Prozent von Arbeitskräftemangel betroffen. Aber 9 von 10 mittelgrossen Unternehmen mit 50 bis 250 Angestellten kämpfen mit diesem Problem.

Nachhaltig ja, wenn es wenig kostet

Kleinere Firmen leiden nicht nur unter fehlendem Personal, sondern auch unter schwindenden Margen. Hauptgrund ist die Inflation: Zahlreiche KMU sind von steigenden Einkaufspreisen betroffen, die sie jedoch nicht ohne weiteres durch höhere Verkaufspreise kompensieren können. Eine Folge ist, dass der Umsatz stärker steigt als der Gewinn.

Neu geht das KMU-Monitoring auch Fragen zur Nachhaltigkeit nach. Es zeigt sich ein teilweise widersprüchliches Ergebnis. Für 72 Prozent der Unternehmen hat Ökologie im weiteren Sinne eine hohe Bedeutung. 80 Prozent der grösseren Firmen geben an, auch ihre Kundschaft lege Wert auf Nachhaltigkeit. Doch wenn man sie fragt, ob sie bereit seien, für nachhaltige Produkte einen etwas höheren Preis zu bezahlen, sinkt der Prozentsatz, in der Industrie bis auf 25 Prozent.

Ein Roundtable-Gespräch unter KMU-Vertretern in der Studie spiegelt eine gewisse Ratlosigkeit gegenüber dem Personalmangel. Ein Patentrezept dagegen gibt es jedenfalls nicht. Aber die Unternehmen müssen auch selbst etwas tun. Im nächsten Jahr will die ZKB in der Studie den Fokus auf die Attraktivität der Arbeitgeber legen und der Frage nachgehen, wie sie ihre Angestellten besser im Betrieb halten können.

Stefan Hotz, «Neue Zürcher Zeitung»

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