Ohne Stopp durch den Zoll Neue Software soll den Warenverkehr über die Grenze deutlich beschleunigen – der Bund startet in der Zollstation Chiasso ein Pilotprojekt

Neue Software soll den Warenverkehr über die Grenze deutlich beschleunigen – der Bund startet in der Zollstation Chiasso ein Pilotprojekt

 

Der grenzüberschreitende Warenverkehr soll schrittweise vereinfacht werden. Bild: unsplash

Die Zollverwaltung des Bundes steckt seit einigen Jahren im Wandel. Sie führt die Bereiche Zoll und Grenzschutz zusammen, strafft Abläufe und digitalisiert umfassend. Dies geschieht im Rahmen des rund 400 Millionen Franken teuren Projekts namens Dazit. Auch die Wirtschaft soll aus diesem Umbau ihren Nutzen ziehen: Der grenzüberschreitende Warenverkehr wird schrittweise vereinfacht. Einen wichtigen Teil dieses Prozesses hat das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (Bazg) am Freitag am grossen Grenzübergang in Chiasso-Brogeda vorgeführt.

Hier überqueren 3000 Lastwagen täglich die Grenze. Nun sieht man auch etwas Aussergewöhnliches: Auf einer Spezialspur fahren Camions an den kleinen Zoll-Hochkabinen im Schritttempo vorbei, ohne anzuhalten. Andere stoppen, und der Fahrer händigt durchs Fenster dem Zollbeamten Papiere aus.

Positive Effekte

Was der Unterschied sei? Ein grosser, sagt die stellvertretende Bazg-Direktorin Isabelle Emmenegger. Laut ihren Worten läuft seit Oktober in Chiasso ein Pilotprojekt: Die vereinfachte und schnellere Warenabfertigung am Zoll vollzieht sich dank neuen digitalen Programmen. Wer diese Programme vor dem Grenzübertritt benutzt hat, kann durchfahren. Die anderen müssen ihren Camion auf dem Parkplatz postieren und im grossen Zollhaus am Schalter die Lieferpapiere vorweisen. Danach folgt noch ein letzter Check an der Hochkabine. Das alles kann zwischen fünfzehn Minuten und einer Stunde dauern. Die Zeitersparnis dank den neuen Programmen sollte positive Effekte auf die Transportfirmen haben. Der Bund schätzt, dass die Wirtschaft jährlich 125 Millionen Franken einsparen könnte.

Der Ablauf bei der neuen schnellen Warenabfertigung geschieht so: Der Chauffeur scannt vor der Anfahrt an den Grenzübergang mit einer App seine Transitdokumente – dadurch werden die Waren- und Transportanmeldungen, die online erfolgt sind, miteinander verknüpft. Wenn der Camion sich dann dem Schweizer Grenzübergang nähert, wird per GPS eine Meldung an den Schweizer Zoll ausgelöst. Dies setzt eine automatische Risikoanalyse in Gang, die als Grundlage für die Entscheidung dient, ob der Lastwagen näher untersucht wird.

Das Pilotprojekt in Chiasso bezieht sich im Moment nur auf Transitfahrten. Diese machen einen beträchtlichen Teil des Warentransports in Chiasso aus und betreffen Warenladungen, die nicht im Tessin, sondern erst in Zürich oder Bern gelöscht werden. Oder man transportiert sie weiter in andere EU-Länder.

Skepsis bei der Wirtschaft

Der Bund plant, ab Juni 2023 das neue Warenverkehrssystem namens Passar in Betrieb zu nehmen, und zwar für den Transitverkehr und die Ausfuhr. Die vereinfachte Abfertigung am Zoll ist Teil dieses Systems. Gegen Ende 2026 soll Passar auf alle Transportarten und auf die insgesamt 20 000 täglichen Lastwagenbewegungen an der Schweizer Grenze zur Anwendung gelangen. Wie die NZZ berichtete, ist ein Teil der Wirtschaft skeptisch. Vor der Einführung von Passar brauche es eine fertige Softwarelösung, die noch fehle, lautete eines der Bedenken. Zudem sei die Einbindung der Anliegen der Wirtschaft in den Digitalisierungsprozess mangelhaft.

Der bisherige Informationsaustausch mit der Wirtschaft und die Zusammenarbeit würden auf allen Ebenen intensiviert, so die stellvertretende Bazg-Direktorin. Auch die rund 30 Firmen, die Zollsoftware produzierten, stehen laut ihren Worten in engem Austausch mit dem Bundesamt.

Peter Jankovsky, «Neue Zürcher Zeitung»

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