Wer ein KMU vererbt, soll dies künftig mit weniger Hürden tun können Im Gegensatz zum Ständerat befürwortet der Nationalrat eine Vorlage mit entsprechenden Änderungen des Zivilgesetzbuches. Jährlich stehen bis zu 16'000 Schweizer KMU vor der Frage einer Nachfolgeregelung.

Im Gegensatz zum Ständerat befürwortet der Nationalrat eine Vorlage mit entsprechenden Änderungen des Zivilgesetzbuches. Jährlich stehen bis zu 16'000 Schweizer KMU vor der Frage einer Nachfolgeregelung.

Das berufliche Lebenswerk einfacher in jüngere Hände legen. (Foto: Markus Spiske auf Unsplash)

Die grosse Kammer ist am Mittwoch auf das Geschäft eingetreten und hat es in der Gesamtabstimmung mit 114 zu 67 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen.

Nein sagten die SVP-Fraktion, ein Teil der Mitte-Fraktion und vereinzelte FDP-Mitglieder. Die Gegner führten unter anderem ins Feld, dass in den allermeisten Fällen die Vererbung eines Unternehmens einvernehmlich geschehe. Zudem sei die Vorlage zu kompliziert und würde zu einer Ungleichbehandlung der Erbinnen und Erben führen.

Subsidiäre Regelung

Die Mehrheit im Nationalrat argumentierte dagegen, dass es nicht im Interesse der Schweizer Wirtschaft sei, wenn ein Unternehmen liquidiert werden muss, weil die Unternehmensnachfolge bei mehreren potenziellen Erbinnen oder Erben nicht geregelt worden ist. Dadurch gingen unter anderem Arbeitsplätze, Kontinuität und Wissen verloren.

Ausserdem wies Patricia von Falkenstein (LDP/BS) im Namen der Rechtskommission des Nationalrats (RK-N) darauf hin, dass die vorgeschlagene Regelung ausschliesslich greifen solle, wenn die Erblasserin oder der Erblasser seine Nachfolge vor dem Todesfall nicht selbst geregelt hat.

Kürzere Rückzahlungspflicht

Gemäss der Vorlage soll eine Erbin oder ein Erbe das Unternehmen übernehmen können, auch wenn die Erblasserin oder der Erblasser keine diesbezügliche Verfügung getroffen hat. Auf Antrag können Gerichte künftig einer Erbin oder einem Erben unter gewissen Voraussetzungen das gesamte Unternehmen zuweisen. Damit soll die Zerstückelung oder Schliessung insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) verhindert werden.

Um die Position der übrigen Erbinnen und Erben zu stärken, schlägt der Nationalrat einige Änderungen am Entwurf des Bundesrats vor. Der Bundesrat sieht vor, dass ein Gericht derjenigen Person, die das Unternehmen übernimmt, eine Frist von zehn Jahren gewähren kann, ehe sie den übrigen Erbinnen und Erben ihren Anteil am Nachlass zurückzahlen muss.

Die grosse Kammer beschloss mit 103 zu 84 Stimmen bei einer Enthaltung, diese Zahlungsfrist zu halbieren. Zudem soll dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden, die Frist auf zehn Jahre zu verlängern, wenn der Fortbestand des Unternehmens ansonsten gefährdet wäre.

Einfache Gesellschaften ausgenommen

Das Gericht soll gemäss Beschluss des Nationalrats ausserdem die Möglichkeit erhalten, weitere Pflichten und Rechte im Zusammenhang mit der Gewährung eines Zahlungsaufschubs festzulegen. Zudem ist die grosse Kammer der Meinung, dass es für einfache Gesellschaften keine Auffangregelung bei der Erbschaft brauche.

Um diejenigen Erbinnen und Erben zu schützen, die vom Erblasser auf den Pflichtteil gesetzt werden können, sieht die Vorlage besondere Regelungen vor. So ist grundsätzlich ausgeschlossen, dass diesen der Pflichtteil gegen deren Willen in Form einer Minderheitsbeteiligung an einem Unternehmen zugewiesen werden kann. Im Falle von Vermächtnissen oder Zuwendungen unter Lebenden, die Beteiligungen an einem Unternehmen betreffen, wird zudem die Zusammenführung von Minderheits- und Mehrheitsbeteiligungen begünstigt.

Tausende Unternehmen betroffen

Seit Anfang 2023 sind Änderungen im Erbrecht in Kraft: Erblasserinnen und Erblasser können über einen grösseren Teil ihres Nachlasses frei verfügen. Die Reduktion des Pflichtteils führt auch zu einer grösseren Flexibilität bei der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge und erleichtert dadurch die Übertragung eines Unternehmens auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger.

Jährlich stehen bis zu 16’000 Unternehmen vor der Frage einer Nachfolgeregelung. Schätzungsweise 3400 sind laut dem Bundesrat wegen der erbrechtlichen Regelung potenziell von Finanzierungsproblemen betroffen.

Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat.

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