SEF 2022: Geopolitik entscheidet auch für Unternehmen über Erfolg und Misserfolg Während des 24. Swiss Economic Forum am 2. und 3. Juni 2022 diskutierten 1350 Schweizer Führungskräfte in Interlaken unter dem Motto «Reaching Out» über den Umgang mit politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen.

Während des 24. Swiss Economic Forum am 2. und 3. Juni 2022 diskutierten 1350 Schweizer Führungskräfte in Interlaken unter dem Motto «Reaching Out» über den Umgang mit politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen.

 

SRF-Moderator Urs Gredig im Gespräch mit Ski-Alpin-Superstar Marco Odermatt. (Bild: PD)

Am 2. und 3. Juni 2022 konnte das Swiss Economic Forum (SEF) in Interlaken mit rund 80 Referierenden aus dem In- und Ausland erfolgreich durchgeführt werden. Die 1350 Teilnehmenden der ausverkauften Veranstaltung signalisierten Einigkeit und die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Corine Blesi, Geschäftsführerin des SEF, resümiert: «Es hat sich gezeigt, dass das SEF im Kern ein institutionalisiertes ‹Reaching Out› ist. Die Teilnehmenden profitierten von einem vertieften Austausch und mutigen neuen Denkkonzepten.»

Marco Odermatt – mit Leidenschaft und Prioritäten zum Erfolg

Der Ski-Alpin-Superstar gibt Einblick in die Gründe seines Erfolgs: Man müsse die Energie im richtigen Moment bündeln können, das sei zentral. Aber wie schafft man das – eine ganze Saison lang, immer wieder? Prioritäten zu setzen, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen, das sei entscheidend. Skifahren auf diesem Niveau bedeute aber auch schlichtweg sehr harte Arbeit und ganz viel Training. Dennoch: «Die Freude und die Leidenschaft sind das Wichtigste», betonte der 24-jährige Nidwaldner.

Ayaan Hirsi Ali – es braucht Regeln, die für alle gelten

Die Frauenrechtlerin Ayaan Hirsi Ali beobachtet, dass wir im Westen oftmals real existierende Unterschiede zwischen Menschen nicht wahrnehmen wollen oder gar negieren. Dies könne in verschiedener Hinsicht gefährliche Folgen haben. So hätte zum Beispiel der Brexit verhindert werden können, wenn sich die Leader der EU um die Bedürfnisse einer Vielzahl von Leuten in Grossbritannien gekümmert hätten. Ausserdem würde unangemessenes Verhalten im Namen von Minderheitsrechten verteidigt. Insbesondere für Verfehlungen junger muslimischer Männer würden immer wieder Entschuldigungen gesucht, was eine Bedrohung für die Frauenrechte im Westen darstelle.

Simona Scarpaleggia – für Familien, nicht nur für Frauen

Die ehemalige CEO von Ikea Schweiz setzt sich seit Jahren für das Thema Chancengleichheit ein und hat damit bei IKEA sehr viel erreicht. «Studien zeigen eine sehr klare Korrelation zwischen ausgeglichenen Teams und guter Performance», erklärte die Italienerin, die heute in mehreren Verwaltungsräten sitzt, ihr Engagement. Um weitere Fortschritte erzielen zu können, brauche es in der Schweiz dringend bessere Betreuungsangebote für Kleinkinder und insgesamt bessere Infrastruktur zur Unterstützung von Familien, nicht nur Frauen.

Kevin Rudd – Russland für den Krieg zu schlecht vorbereitet

China werde Ende der 2020er Jahre oder Anfang der 2030er Jahre Taiwan angreifen und einnehmen wollen, zeigte sich der ehemalige australische Premierminister und Chinaexperte Kevin Rudd überzeugt. Von diesem langfristigen Plan werde sich die ostasiatische Grossmacht auch durch die Probleme Russlands in der Ukraine nicht abbringen lassen. China sei viel unabhängiger als Russland, sehe dieses aber als langfristigen Rohstoff- und Warenlieferanten. Präsident Biden kündigte an, dass sich die USA bei einem Angriff auf Taiwan einmischen würden. Rudd warnte, dass es in diesem Fall nicht bei einem lokalen Konflikt bleiben würde. Stattdessen hätte die Offensive einen grossflächigen Krieg zur Folge.

Melati Wijsen – Umweltzerstörung unter Strafe stellen

Eloquent und inspirierend erzählt die Vollzeit-Changemakerin, wie sie mit ihrer neusten Initiative «Youthtopia» andere Jugendliche weltweit vernetzt und zum Engagement ausbildet. «Meine Generation hat dank des Internets einfachen Zugang zu Informationen und viele Möglichkeiten, sich auszutauschen und zu organisieren.» Sie stellte drei konkrete Forderungen, um die Zukunft des Planeten zu sichern: Erstens müssten junge Leute in die Entscheidungsprozesse der Chefetagen einbezogen werden. Zweitens müsse das Geschäft mit fossilen Energieträgern sofort eingestellt werden. Und drittens müsse jedes Land Ökozid-Gesetze einführen, die schwere Umweltzerstörung unter Strafe stellen.

Sebastian Kurz – Neutralität ist immer noch der richtige Weg

Er habe diesen umfassenden Angriff durch Russland auf die Ukraine definitiv nicht kommen sehen, sagte der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. In Bezug auf die Rolle Österreichs, sagt er: «Neutralität bedeutet, militärisch nicht einzugreifen. Es heisst nicht, dass man keine Meinung hat. Man kann trotz Neutralität Position beziehen und Sanktionen mittragen.» Angesprochen auf die Korruptionsvorwürfe, die ihn zum Rücktritt vom Kanzleramt zwangen, holte der 35-Jährige weit aus. Er erzählte wie sehr ihm seine jetzige Aufgabe in der Privatwirtschaft Spass mache, und weibelte für Verständnis, dass man in der Position eines Spitzenpolitikers nicht alles richtig machen könne.

Videos und Zusammenfassungen der einzelnen Referate sind unter den jeweiligen Speakern auf der Website zu finden.

Die Jubiläumsausgabe des 25. Swiss Economic Forum findet nächstes Jahr am 8. und 9. Juni 2023 wieder in Interlaken statt.

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