Economiesuisse sieht Konjunktur von «ökonomischem Giftcocktail» belastet Gestiegene Energie- und Rohstoffpreise, Lieferengpässe und hohe Inflation in vielen Ländern: Der Wirtschaftsdachverband korrigiert nun seine Prognosen für das BIP-Wachstum nach unten.

Gestiegene Energie- und Rohstoffpreise, Lieferengpässe und hohe Inflation in vielen Ländern: Der Wirtschaftsdachverband korrigiert nun seine Prognosen für das BIP-Wachstum nach unten.

«Eigentlich wäre eine klare Erholung nach der Pandemie-Situation angezeigt – dies wird aber durch die Lieferengpässe verhindert», erklärte Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch bei der Präsentation der neuen Wachstumsprognosen am 2. Juni 2022 vor den Medien. Der Verband erwartet nun noch ein Wachstum des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP) im laufenden Jahr um 1,8 Prozent, nachdem er zuvor von einem Plus von 2,5 Prozent ausgegangen war. Für 2023 sieht er noch ein Wachstum von 1,6 Prozent.

Angezogene Handbremse

Die stark auf die internationale Arbeitsteilung ausgerichtete Schweizer Wirtschaft sei von der Lieferkettenproblematik besonders heftig betroffen, so Economiesuisse. Dazu lasteten steigende Einkaufspreise auf den Margen der Unternehmen. «Die Schweizer Wirtschaft fährt derzeit mit angezogener Handbremse. Und die Lage wird sich nicht so rasch ändern», so das Fazit.

Noch «nicht so dramatisch» sei die Inflationssituation in der Schweiz, sagte Minsch. Dennoch erwarten die Ökonomen des Verbands im Jahresdurchschnitt eine Teuerung von 2,9 Prozent. Das bedeute auch, dass die Teuerungsrate in den kommenden Monaten zeitweise noch deutlich über 3 Prozent ansteigen dürfte.

Positiver sind die Aussichten für den Arbeitsmarkt, wo der anhaltende Fachkräftemangel zu einer tiefen Arbeitslosigkeit führen dürfte: Die Arbeitslosenquote dürfte gemäss den Prognosen 2022 durchschnittlich bei 2,2 Prozent liegen und auch im kommenden Jahr nur unwesentlich ansteigen.

Erschwerter Rohstoff-Bezug

Die Lieferengpässe dominieren auch das Sorgenbarometer in der jüngsten Umfrage von Economiesuisse: So steht der erschwerte Bezug von Rohstoffen und Vorprodukten für die Unternehmen klar im Fokus. So fehlt es wegen dem Ukraine-Krieg etwa an Stahlprodukten aber auch an Lebensmittelrohstoffen wie ukrainischem Weizen. Die Ukraine ist aber etwa auch wichtigster Lieferant von Kabelbäumen in der Automobilindustrie, dortige Produktionsunterbrüche beeinträchtigen indirekt auch die hiesigen Autozulieferer.

Dazu kommen die Ausfälle wegen der strengen Corona-Politik von China. «Rund 3 Prozent der weltweiten Containerfrachtkapazität steht zurzeit allein vor dem Hafen in Schanghai im Stau», sagte Minsch. Eine Normalisierung dürfte auch gemäss den Erwartungen der Unternehmen noch «viele Monate dauern».

Sorgen bereitet den Unternehmen ausserdem die schwierige Rekrutierung von Fachkräften: Mehr als ein Viertel der befragten Unternehmen gab an, nicht genügend ausgebildetes Personal zu finden. «Der Fachkräftemangel ist inzwischen zur Konjunkturbremse geworden», stellte Minsch fest.

Schocks überwinden

Insgesamt bleibe die Unsicherheit für den Konjunkturverlauf hoch, so Economiesuisse. Während einzelne Risiken wie der Fachkräftemangel und die Lieferengpässe die Konjunktur bremsen, könnten andere diese völlig abwürgen: So hätten eine Energiemangellage im kommenden Winter oder eine Eskalation des Ukraine-Kriege «schockartige, negative Auswirkungen» mit rezessiven Folgen. Davon gehe die aktuelle Economiesuisse-Prognose allerdings nicht aus, betonte Minsch.

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