Parkett ist beliebt, nun wird Holz rar – schuld ist der Krieg in der Ukraine Das spürt auch die Ostschweizer Bauwerk-Gruppe, die zu den grössten Herstellern zählt: Eichenholz dominiert den Parkettmarkt fast vollständig. Weil Russland und die Ukraine als Herkunftsländer wegfallen, wird der Rohstoff knapp.

Das spürt auch die Ostschweizer Bauwerk-Gruppe, die zu den grössten Herstellern zählt: Eichenholz dominiert den Parkettmarkt fast vollständig. Weil Russland und die Ukraine als Herkunftsländer wegfallen, wird der Rohstoff knapp.

Eine Produktionsarbeiterin kontrolliert die Klötzli aus Fichten- und Tannenholz, die für die Unterlage des zweischichtigen Parketts benötigt werden. Bild: Annick Ramp / NZZ

Früher gab es Parkett aus Eichen-, Buchen- oder Eschenholz. Heute darf es fast nur noch Eiche sein. Beim Schweizer Hersteller Bauwerk entfallen 98 Prozent des Sortiments auf diese Holzart, bei Konkurrenten sieht es ähnlich aus.

Eiche ist nicht alles

Eiche erfreut sich grosser Beliebtheit, weil ihr Holz extrem robust ist. Ihr gutes Aussehen halte Jahre, sagen Bodenbelagsspezialisten. Parkett aus Eiche lässt sich mit den unterschiedlichsten Einrichtungsstilen kombinieren. Ob modern, rustikal oder antik, es gibt kaum ein Möbelstück, das nicht dazu passt.

Die gesamte Parkettindustrie hat sich in den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten auf dieses eine Holz ausgerichtet. Für die Hersteller war das praktisch, denn sie konnten sich im Einkauf, in der Verarbeitung und in der Vermarktung auf einen einzigen Rohstoff konzentrieren. Doch inzwischen wird die einseitige Ausrichtung für die Branche, die sich aus vielen kleinen und mittelständischen Anbietern zusammensetzt, zunehmend zum Problem..

«So geht es nicht weiter», sagt Patrick Hardy, der neue Konzernchef der Ostschweizer Bauwerk-Gruppe. «Wir werden der Kundschaft beibringen müssen, dass es beim Parkett Alternativen zur Eiche gibt.» Das Unternehmen aus St. Margrethen, das im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 300 Millionen Franken erwirtschaftete, zählt im fragmentierten europäischen Markt zu den drei führenden Parkettherstellern.

Rückzug aus Russland

Ein Weckruf für die gesamte Branche war der Angriff Russlands auf die Ukraine. Wegen dieses Kriegs verloren Firmen wie Bauwerk über Nacht Zugang zu rund 15 Prozent ihres Rohstoffs.

Russland und die Ukraine sind traditionell wichtige Märkte für den Holzschlag und die Verarbeitung der gefällten Eichen in Sägewerken gewesen. Bauwerk führte selbst eine Sägerei in der russischen Enklave Kaliningrad, welche die Firma nun nicht mehr nutzen kann. Auch im Holzbereich seien sämtliche Export- und Importgeschäfte mit Russland wegen der Sanktionen, welche die EU und die Schweiz gegen das Land verhängt hätten, untersagt, sagt Hardy. Der gebürtige Niederländer, der auch den Schweizer Pass besitzt, war Anfang September 2021 vom Schwyzer Messerhersteller Victorinox zur Bauwerk-Gruppe gestossen.

Der schwedische Konkurrent Kährs hat sein Werk in Maklino südwestlich von Moskau bis auf weiteres weiterlaufen lassen. Er begründet dies «mit der Rücksichtnahme auf die Sicherheit unserer dortigen Beschäftigten». Doch die Gruppe, deren weltweiter Umsatz im ersten Quartal 2022 umgerechnet knapp 100 Millionen Franken erreichte, musste ebenfalls sämtliche Lieferungen von und nach Russland einstellen.

Holz aus Polen und vom Balkan ist teurer

Laut Peter Schmitter, dem Finanzchef von Bauwerk, boten Russland und die Ukraine in der Beschaffung von Eichenholz in der Vergangenheit preisliche Vorteile. «Hölzer aus den anderen zentralen Herkunftsländern Polen, Kroatien, Bosnien und Serbien sind teurer», sagt der Manager, der bereits seit 21 Jahren für das Unternehmen arbeitet.

In der Parkettbranche misst man in Quadratmetern, und im vergangenen Jahr betrug das Produktionsvolumen europaweit 82,6 Millionen Quadratmeter. Die Bauwerk-Gruppe, zu der seit 2013 auch der norwegische Anbieter Boen und neuerdings der US-Hersteller Somerset gehören, steuerte gut 9 Millionen Quadratmeter bei.

Bis zur Finanzkrise 2008 profitierte die Branche von einem starken Wachstum und weitete ihr Produktionsvolumen in Europa auf über 100 Millionen Quadratmeter pro Jahr aus. Nachdem Banken ihre Kreditvergabe an Immobilienkäufer deutlich eingeschränkt hatten, sackte das Volumen auf rund 80 Millionen Quadratmeter ab und erholte sich seither nie mehr von diesem Wert.

Branche rechnet mit Abschwung

In der Branche wird befürchtet, dass die stark gestiegene Inflation dem Markt nun einen weiteren empfindlichen Schlag versetzen wird. «Die Geschäfte werden wohl eine Weile schlechter laufen», sagt Schmitter. «Die Branche beginnt es zu spüren», ergänzt Hardy. Bauherren würden versuchen, die hohen Preissteigerungen auszusitzen, und stornierten Projekte.

Günstiges Parkett ist ab ungefähr 100 Franken pro Quadratmeter erhältlich (einschliesslich des Aufwands für das Verlegen). Auch bei 150 oder 200 Quadratmetern Wohnfläche macht es damit nur einen vergleichsweise kleinen Teil der gesamten Baukosten aus. Dennoch gibt es kostenbewusste Kunden, die auf günstigere Materialien auszuweichen beginnen. Laminat zum Selberverlegen gibt es in Baumärkten schon für 10 Franken pro Quadratmeter. Die Preise für Keramik bewegen sich bei qualitativ hochstehenden Produkten in einer ähnlichen Grössenordnung wie jene für Parkett.

Konkurrenzprodukt Keramik

Mit Herstellern von Keramikplatten stehen die Parketthersteller am stärksten im Wettbewerb. Was die gesamte Nachfrage nach Bodenbelägen in Europa betrifft, erreichen die Anbieter von Parkett lediglich einen Anteil von 6 bis 7 Prozent. Die Keramikhersteller seien klar dominierend, vor allem wegen ihrer starken Stellung in den südlichen europäischen Ländern, sagt Schmitter.

Die markant gestiegenen Energie- und Transportkosten haben auch beim Eichenholz zu einem Preisschub geführt. Dazu gesellten sich in den vergangenen Monaten die Verknappungen beim Angebot wegen des Kriegs in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland. All diese Faktoren haben die Preise für Eichenholz in Höhen steigen lassen, welche die Branche zuvor noch nie gesehen hatte. Schmitter spricht von einem Anstieg von 60 bis 80 Prozent im Zeitraum der vergangenen zwei Jahre.

Laut der Bauwerk-Gruppe entfallen beim Parkett 70 Prozent der Herstellungskosten auf das Material. Damit ist klar, welche empfindliche Belastung die Verteuerung des Rohstoffs Eiche für die Anbieter darstellt. Weil die Rohstoffbeschaffung einen deutlich erhöhten Kapitaleinsatz erfordert, könnte es für viele der kleinen Hersteller, die nicht selten nur ein einzelnes Land bedienen, eng werden. Die drei europäischen Hauptanbieter, zu denen neben der Bauwerk-Gruppe und Kährs auch das bayrische Unternehmen Hamberger Industriewerke zählt, vertreiben ihre Produkte hingegen in 70 bis 90 Märkten.

Ein Baum braucht 100 Jahre

Sollte die Nachfrage preisbedingt wie erwartet zurückgehen, ist mit einer gewissen Entlastung auf der Angebotsseite zu rechnen. Dennoch wird Eiche auch künftig beschränkt verfügbar sein. Das hat damit zu tun, dass es sich um ein Naturprodukt handelt, das in Europa nur in bestimmten Regionen wie dem Balkan oder im östlichen Polen verbreitet vorkommt. Bis eine Eiche voll ausgewachsen und somit für die Holzindustrie am wertvollsten ist, vergehen zudem rund 100 Jahre.

Die Bauwerk-Gruppe, die ausserhalb ihres Stammsitzes in St. Margarethen noch zwei deutlich grössere Werke in Kroatien und in Litauen für die Herstellung von Parkett betreibt, bezieht ihr Holz für beide europäischen Marken Bauwerk Parkett und Boen fast ausschliesslich aus Europa. Das biete Gewähr für eine hohe Nachhaltigkeit in der Waldbewirtschaftung, sagt Schmitter. Der Finanzchef streicht die Standards in der kroatischen Forstwirtschaft hervor. Auch Polen verhalte sich mittlerweile mustergültig. Innerhalb der EU scheint der Branche nur Rumänien weiterhin gewisse Probleme zu bereiten, primär wegen der Korruption.

Firmengründer Ernst Göhner

Der Parketthersteller Bauwerk begann seine Tätigkeit in St. Margarethen 1946. Der Firmengründer Ernst Göhner hatte sich vor und während des Zweiten Weltkriegs in der Herstellung von Karosserien aus Holz für den Fahrzeugbau betätigt. Der gebürtige Zürcher suchte eine Anwendung für das überschüssige Holz und fand es im Klötzli-Parkett. Dieses von ihm erfundene Produkt, das in unzähligen Schweizer Wohnliegenschaften verbaut wurde, ist inzwischen weitgehend aus der Mode gekommen. Einen Bezug zum Unternehmer Göhner, der später vor allem als Generalunternehmer mit Immobiliengeschäften reich wurde und 1971 in Zug verstarb, hat die Firma indes auch heute wieder.

Seit 2009 ist nämlich die Finanzfirma EGS Beteiligungen in der Bauwerk-Gruppe, die zuvor vorübergehend zwei andere Besitzer (ohne Bezug zum Nachlass von Ernst Göhner) gehabt hatte, engagiert. In der Finanzgesellschaft sind die Firmenbeteiligungen der Ernst-Göhner-Stiftung gebündelt, die selbst gemeinnützig tätig ist. EGS Beteiligungen hatte am Parketthersteller erst eine Minderheitsbeteiligung von 49 Prozent erworben, die 2018 auf 98 Prozent aufgestockt wurde.

Bauwerk wäre reif für den Börsengang

In den vergangenen Jahren war immer wieder einmal die Rede davon gewesen, dass Bauwerk an die Börse gebracht werden könnte. Doch der Geschäftsführer von EGS Beteiligungen, Dominik Sauter, winkt ab. EGS Beteiligungen sei grundsätzlich ein langfristiger Investor, und man plane keinen Exit.

In Marktkreisen dürfte der Parketthersteller dennoch weiterhin als Kandidat für ein Initial Public Offering (IPO) gehandelt werden. Im Zuge der Übernahme von Somerset, die Anfang März 2022 vollzogen wurde, hat sich der Umsatz der Gruppe um ungefähr einen Viertel auf rund 400 Millionen Franken erhöht. Eine solche Grösse gilt in der Schweiz für eine Kotierung gemeinhin als ausreichend.

Zudem überzeugte Bauwerk in den vergangenen Jahren durch klare Ertragsfortschritte. Die Umsatzrendite auf Stufe Betriebsergebnis (Ebit) wurde zwischen 2019 und 2021 von 6,3 auf 8,1 Prozent erhöht. Zu verdanken ist dies in erster Linie Effizienzmassnahmen. Dem Unternehmen gelang es auch, für seine Produkte höhere Preise durchzusetzen.

Dass die Firma kapitalmarktfähig ist, hat sie obendrein 2018 mit der abermaligen Ausgabe einer Anleihe bewiesen. Die Anleihe löste eine frühere ab, die bereits 2013 emittiert worden war und nun zurückgezahlt wurde. Bauwerk flossen bei der jüngsten Emission (wie schon bei der ersten) 80 Millionen Franken zu. Zur Rückzahlung wird der Bond 2023 fällig werden.

Dominik Feldges, St. Margarethen, «Neue Zürcher Zeitung»

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