Direkte Kredite von Privaten Abseits der Börsen florieren Privatmarktanlagen. Bei Private Debt sind die Hürden für Kleinanleger besonders tief. Das kann auch für KMU spannend sein.

Abseits der Börsen florieren Privatmarktanlagen. Bei Private Debt sind die Hürden für Kleinanleger besonders tief. Das kann auch für KMU spannend sein.

 

Beim Crowdlending, also wörtlich der Schwarmausleihe, ermöglichen digitale Plattformen ein einfaches Pooling der einzelnen Anlagesummen vieler Anleger. Bild: PD

Erst kürzlich machte die Schweizerische Nationalbank wieder klar, dass die Leitzinsen hier zu Lande tief bleiben – und das werden sie vermutlich noch lange sein. Diese Tiefzinspolitik zeigt Folgen: Alle möglichen Sparkonten werfen schon seit langem nichts mehr ab. Daran dürfte sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Börsenkotierte Anleihen von Schweizer Emittenten geben ebenfalls kaum mehr als 1 Prozent Rendite her, wenn man keine überdurchschnittlichen Risiken eingehen will. Diese Situation ist für professionelle und private Anleger gleich unbefriedigend.

In dieser allgemeinen Krise der festverzinslichen Kapitalanlage haben die grossen Investoren aber neue Möglichkeiten entdeckt. Sie suchen ihre Rendite abseits der Börse in so genannten «Privaten Märkten» (Private Markets). Dort werden die Anlagegeschäfte zwischen den interessierten Parteien direkt abgeschlossen – ohne Umweg über den Kapitalmarkt und die Öffentlichkeit. An diese privaten Märkte haben die institutionellen Anleger grosse Erwartungen: Sie sollen sich langfristig besser entwickeln als die öffentlich zugänglichen Märkte. Eine Umfrage der «Economist Intelligence Unit» unter 110 grossen institutionellen Anlegern weltweit zeigte, dass 85 Prozent davon dieser Meinung sind. Immerhin 80 Prozent gehen weiter davon aus, dass dort die Volatilität darüber hinaus geringer ist.

Die Studie mit dem Titel «Leveraging Opportunity in Change: Navigating the Trends Shaping Private Markets in 2021 and Beyond» entstand mit Unterstützung der auf Privatmarktanlagen spezialisierten Anlagefirma Adams Street Partners. «Wir glauben, dass die privaten Märkte gut positioniert sind, um eine treibende Kraft für langfristige Innovationen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum in der Weltwirtschaft zu sein», wird Jeff Diehl, Managing Partner und Head of Investments bei Adams Street, zitiert.

Direkte Kreditvergabe

Eine bekannte Spielform dieser Privatmarktanlagen ist Private Equity, bei der es um eine Beteiligung am Eigenkapital von Unternehmen geht. Im Fokus vieler Investoren steht seit neuerem aber Private Debt: Das ist die direkte Kreditvergabe von Anlegern an Firmen. «Während die direkte Kreditvergabe (Direct Lending) in Europa heute noch eine untergeordnete Rolle spielt, ist diese in den USA seit Jahren ein wichtiges Instrument zur Finanzierung von kleinen, mittleren, aber auch grossen Unternehmen», befindet die auf Kreditanalyse spezialisierte Zürcher Research-Firma Independent Credit View in einer Analyse zu Private Debt. Das hat seine Gründe: Bisher konnten Private-Debt-Fonds Renditen zwischen 8 und 10 Prozent realisieren. Zum ansprechenden Risiko-Rendite-Verhältnis tragen tiefe Kredit-Ausfallraten und eine bisher hohe Verwertungsquote bei.

«Bei Cashare wurden nur ca. 10 Prozent der eingereichten Kreditgesuche für gut befunden.»

Allerdings verweisen die Analysten auch auf die geringe Liquidität und eingeschränkte Handelbarkeit solcher Kredite. «So ist es fast unmöglich, ein einmal eingegangenes Engagement zu attraktiven Preisen zu veräussern», konstatieren sie. Ausserdem dürften die bisher erzielten Renditen in Zukunft nicht mehr darstellbar sein, einerseits wegen der vermehrten Nachfrage, andererseits aus makroökonomischen Gründen. Dennoch lohne es sich für langfristig orientierte Investoren, dieser Anlageklasse mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Nicht alles in einen Kredit investieren

Eine Investition in die Anlageklasse «Private Debt» lässt sich über die zahlreichen Crowdlending-Plattformen rasch realisieren. Beim Anbieter lend.ch ist man beispielsweise ab 1000 Franken dabei, bei Cashare reichen 100 Franken und Swiss-peers verlangt je nach Gesamtkreditvolumen einen variablen Mindestbetrag.

Allerdings sollten Anleger von Anfang an eine Diversifikation ihrer gesamten Anlagesumme realisieren – also nicht alles in einen einzelnen Kredit investieren. Dadurch sinkt das Risiko bei einem potenziell möglichen Zahlungsausfall eines Schuldners massiv. Vielfach bieten die Plattformen deshalb automatisierte Investitionsprozesse mit wählbaren Parametern, welche die Anlagesumme auf mehrere Kredite verteilen.

Für den Service der Plattform bezahlen die Anleger – teilweise auch die Kreditnehmer – eine unterschiedlich hohe Gebühr. Lend.ch verlangt beispielsweise jährlich 1 Prozent der Investitionssumme von Anlegern, bei Cashare sind es 0,75 Prozent. Zumeist unterhalten die Plattformen auch einen kleinen Sekundärmarkt für Kredittranchen, wenn man sich doch einmal vorzeitig von seinem Investment trennen möchte.

Der Crowdlending Monitor 2020 der Hochschule Luzern enthält eine Umfrage unter Investoren der Plattform creditgate24. Demnach haben dort 65 Prozent der Befragten in mehr als zehn Kredite investiert. Dabei lag die durchschnittliche Anlagesumme pro Kredit zwischen 500 und 4000 Franken.

In der Schweiz können Kleinanleger durchaus von dieser Anlageklasse Gebrauch machen. Die direkte Kreditvergabe an Unternehmen oder Privatpersonen ist seit einigen Jahren dank vermittelnder Internetplattformen ganz einfach. Die Plattform Swisspeers gehört zu den grossen Playern im noch kleinen Schweizer Markt für Direct Lending. Vielfach wird auch der Begriff Crowdlending gebraucht, weil er das durch die digitalen Plattformen einfach mögliche Pooling der einzelnen Anlagesummen vieler Anleger treffend beschreibt. Für den einzelnen Anleger ist es jedoch bedeutungslos, dass er noch Co-Investoren hat, da diese miteinander keine vertragliche Beziehung eingehen. Als Geldgeber für einen von Swisspeers vermittelten KMU-Kredit erhält man einen Kreditvertrag mit dem Schuldnerunternehmen und gewährt diesem somit einen direkten Kredit.

Nur ein Ausfall in fünf Jahren

Ein solcher Investor ist Jean-Marc Hensch, der seit 2016 direkt in Unternehmenskredite für Schweizer KMU investiert. Er hat sich über Swisspeers schon an mehr als 70 Firmenkrediten beteiligt. Eins seiner ersten Investments war eine Kredittranche von 20 000 Franken zu 4,25 Prozent Zinsen für ein Architekturbüro, welches einen Expansionskredit über total 600 000 Franken für drei Jahre suchte. In einem Interview mit Swisspeers-CEO Alwin Meyer für den Firmenblog verriet Hensch, dass er schon seit 2016 direkt in Firmenkredite investiert. Bisher habe er eine Rendite von rund 4,4 Prozent erzielt. Von seinen mehreren Dutzend einzelnen Investments sei bislang nur eines ausgefallen, berichtet er. Swiss-peers selbst errechnet für alle bisher vermittelten Kredite eine durchschnittliche jährliche Rendite von 3,7 Prozent und eine Ausfallquote von rund 1,3 Prozent. Laut Firmenchef Meyer hat auch die Corona-Pandemie die Ausfallquote bisher nicht belastet.

Die bereits 2008 gegründete Plattform Cashare wiederum vermittelt die Gelder ihrer Anleger nicht nur an KMU, sondern auch an Privatpersonen. Einige Zahlen auf der Firmenwebseite machen klar, wie hart das Geschäft ist. Insgesamt hat Cashare stolze 1,44 Milliarden Franken Kreditanfragen erhalten. Davon wurden rund 150 Millionen Franken in 2883 Kreditprojekten finanziert. Also wurden nur ca. 10 Prozent der eingereichten Kreditgesuche für gut befunden. Die anderen scheiterten im firmeninternen Selektionsprozess an ihrer Kreditqualität oder haben nicht ins Crowdlending-Profil gepasst. Auch hier konnte Corona dem Geschäft kaum etwas anhaben. «Unser Kreditvolumen ist 2020 wie auch im ersten Quartal 2021 stark gewachsen», sagt Firmengründer und CEO Michael Borter. Die Investitionsfreude der Anleger sei nach wie vor intakt.

Das Institut für Finanzdienstleistungen (IFZ) der Hochschule Luzern analysiert den Markt bereits seit einigen Jahren. Ende 2019 waren in der Schweiz elf Plattformen im Crowdlending aktiv, heisst es im Crowdfunding Monitor 2020. Einige dieser Unternehmen fokussieren auf die Kreditvergabe auf KMU, andere bedienen sowohl Unternehmen wie auch Privatpersonen. Das Volumen der KMU-Finanzierungen und Konsumkredite über Crowdlending erreichte dabei «moderate» Wachstumsraten von etwa 19 Prozent. «Ich erwarte, dass der Markt weiterhin wachsen wird», sagt IFZ-Leiter Andreas Dietrich. Dennoch dürften die kleinen Player mittelfristig mit anderen Plattformen fusionieren oder von ihnen übernommen werden.

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